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Kirche in WDR 5 | 27.08.2024 | 06:55 Uhr

Tierische Gebetsverbrüderung

Tierische Gebetsverbrüderung

Gino ist ein Kalb von einem Hund. Und ist selbstverständlicher Teil der vielleicht ungewöhnlichsten Klostergemeinschaft in Deutschland.

Und wenn ich sage: Gino ist Teil, dann meine ich auch, dass der silbergraue Labrador teilnimmt am Stundengebet. Ob er dann betet, das kann ich nicht sagen. Aber: Während Gino sonst fast nicht zu bändigen ist: Sobald Pater Stephan die Saiten des Psalteriums anstimmt, liegt Gino ruhig im Rund der Egino-Kapelle. Als würde er zumindest meditieren.

Pater Stephan ist Ginos Herrchen und zugleich ist er Prior der Cella St. Benedikt auf der Insel Reichenau im Bodensee. Pater Stephan hat dafür gesorgt, dass das Gebet der Benediktiner zurückgekommen ist auf die Insel. 23 Jahre ist das her. Knapp 200 Jahre, nachdem die letzten Mönche die Reichenau verlassen hatten, wollte er hier wieder eine Keimzelle der benediktinischen Spiritualität gründen. Eine sogenannte Cella[1].

Die Reichenau war lange fast nur noch bekannt als Gemüseinsel. Gut – es gab die drei bedeutenden Kirchen, die seit dem Jahr 2000 zum Unesco-Weltkulturerbe gehören, aber dass die Reichenau einmal DIE Klosterinsel war, das erste Benediktiner-Kloster nördlich der Alpen überhaupt, das schlummerte in einer Art Dornröschenschlaf. Die Zeugnisse aus Stein für dieses reiche Klosterleben sind eben das eine, das Zeugnis aus Gebet und Gesang ist das andere. Dass das zurück kam auf die Reichenau, ist Pater Stephans Verdienst.

Und was in einer Ferienwohnung begann, ist über die Jahre zu einer kleinen, aber sehr feinen Gemeinschaft gewachsen. Und diese Gemeinschaft ist nicht nur ungewöhnlich, weil Hund Gino dazu gehört: Hier auf der Reichenau beten drei deutsche Mönche und zwei Nonnen aus den Philippinen zusammen. Sie wohnen in unterschiedlichen Häusern, aber sie teilen das Gebetsleben.

Auf der Reichenau wird Weltkirche gelebt – weil die Benediktiner eine weltweite vernetzte Bewegung sind.

Und wie sehr die Benediktiner schon immer vernetzt waren, davon zeugt nichts so sehr wie die Altarplatte, die sich direkt neben der Egino-Kapelle verbirgt, in der Gino und die Mönche und Nonnen dreimal am Tag beten. Diese Platte wurde 1976 zufällig gefunden. Besucher bekommen sie normalerweise nicht zu Gesicht, denn sie muss konserviert werden. Was dort zu sehen ist, ist spektakulär: Etwa 350 Namen sind dort eingeritzt von Geistlichen, Mönchen und Laien, z.T. mit Tinte auf den nackten Stein geschrieben: Meinradus, Anselm usw. 1.000 Jahre stehen diese Namen schon auf der Platte. Sie ist eine Art „Festplatte“ von dem, was die Mittelalter-Experten „Gebetsverbrüderung“ nennen. Ein soziales Netzwerk des Mittelalters. Damals waren die Menschen nicht durch Selfies usw. untereinander verbunden, sondern im Gebet. Nirgendwo auf der Welt ist diese Form der vernetzten Gebetsgemeinschaft derart dokumentiert, wie auf der Reichenau. Und wenn Sie meinen: 350 erhaltene Namen ist schon viel, dann werden Sie staunen über das sogenannte Verbrüderungsbuch[2], das ebenso auf der Reichenau erstellt wurde. Seit dem Jahr 820 hatten die Mönche Namenslisten von Personen angelegt, die mit ihnen in enger geistiger Bindung standen. 38.000 Personennamen auf 164 Seiten können Sie dort finden. Namen von Mönchen aus Klöstern in Süddeutschland und Nordfrankreich, aber auch Italien, Belgien und Südfrankreich. Aus dem 11. und 12. Jahrhundert finden sich sogar 700 Namen von Besuchern aus Skandinavien, darunter eine Gruppe aus Island. Die Namen der orthodoxen Patriarchen Basilius von Jerusalem (820–838) und Christophorus von Alexandrien (817–841) finden sich, König Stephan von Ungarn ist genannt (997–1038) und auch der Name von Odo von Châtillon, der später als Papst Urban II. im Jahr 1095 zum ersten Kreuzzug aufrief.

Ich staune über diese immer schon bestehende Vernetztheit der Benediktiner. Auf der Reichenau ist sie bezeugt.

Wir Menschen sind eben keine Inseln. Wir sind vernetzt, verwoben in die Geschichten von anderen Menschen. Im Guten wie im Schlechten. Wie schön ist es doch, wenn diese Vernetztheit im Gebet passiert. Sogar mit einem Hund wie Gino, in der Egino-Kapelle auf der Reichenau.
















Aus Köln grüßt Sie, Klaus Nelißen


[1] https://benediktiner-reichenau.de/

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Verbr%C3%BCderungsbuch_der_Abtei_Reichenau

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