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Kirche in WDR 5 | 05.09.2024 | 06:55 Uhr
Zwischenfall Leben
Guten Morgen,
„Immer kommt mir das Leben dazwischen“, so heißt ein Buchtitel (1).
Wenn
das Leben nicht nach Plan verläuft und sich etwas Unerwartetes
dazwischendrängt.
Im Alltag und Kleinen. Im ganz Großen des Weltgeschehens.
Mir persönlich kommt auch immer mal wieder das Leben dazwischen.
Kürzlich: Endlich habe ich ein dringendes Treffen mit einer Freundin. Wir haben Wichtiges, auch nicht so ganz Einfaches miteinander zu klären. Da sagt sie wegen einer akuten Grippe ab. Es geht einfach nicht. Pech.
Da hat das Leben mal wieder seine eigenen Gesetze und Gedanken.
Alle Energie und Anspannung vor dieser Begegnung müssen erst mal pausieren.
Da verhindert ein Fahrradsturz mit langwierigen Folgen ihre Urlaubspläne.
Das hatte sie sich anders vorgestellt.
Eigentlich wollte Jule ja Ärztin werden, aber dann ist ihr Vater früh gestorben, und nun führt sie mit ihrem Bruder den väterlichen Betrieb.
Wann immer etwas Unvorhergesehenes in meinem Alltag passiert: Es bringt die Abläufe durcheinander, durchkreuzt meine Pläne. Ungewollt, unvorhergesehen, manchmal auch schmerzhaft leidvoll und schicksalhaft. Und meistens bin ich nicht darauf vorbereitet.
Weil es einfach passiert, mitten drin.
Es macht mir bewusst, dass es keine absolute Sicherheit im Leben gibt.
Und rüttelt ganz schön an meinem Fundament.
Wenn Freundschaften und Beziehungen zerbrechen – manchmal von einem Tag auf den anderen. Wenn ich verliere, woran ich bisher mein Herz gehängt habe.
Oder: Wenn ich Erwartungen an mein Leben und andere stelle und sie nicht erfüllt werden.
Eine „Faustregel“ im Zeitmanagement besagt, dass man nur etwa 60% der täglichen Arbeitszeit verplanen soll. 40% sind Pufferzeiten für Unvorhergesehenes wie Arbeiten, die länger dauern und für Unterbrechungen. Irgendwie auch tröstlich. Denn das heißt ja auch:
Wir sind nicht gefesselt und geknebelt von unseren eigenen Plänen, Vorstellungen und Wünschen. Nicht alles, aber Manches haben wir selbst in der Hand. Niemand zwingt mich, mein Leben dem Diktat des „Weiter-So“ zu unterwerfen.
Ich muss nicht allen – und schon gar nicht meinen eigenen - Anforderungen und Erwartungen immer gerecht werden.
Das Leben kommt mir garantiert sowieso wieder dazwischen mit all seinen Zumutungen und Herausforderungen. „Et kütt wie et kütt“ – sagt schon das Kölsche Grundgesetz.
„Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber sein Leben dabei verliert?“ (Die Bibel, Matthäus 16,26), klärt mich Jesus radikal auf.
Je krampfhafter ich mich um eine Sache bemühe und nicht akzeptieren kann, dass das Leben gerade wieder mal dazwischenkommt, je mehr ich an etwas festhalte, umso geringer sind meistens die Erfolgsaussichten. Jesu Wort ermutigt mich, so schwer das auch fällt, gelassen zu bleiben. Locker bleiben, also. Dem Leben und damit Gott etwas zutrauen und sich davon beschenken lassen. Bereit sein, für das, was kommt, das wünsche ich mir und Ihnen.
Ihre Pfarrerin Christiane Neufang aus Köln.
Quellen:(1) Schrocke, Kathrin, Immer kommt mir das Leben dazwischen, Verlag: Mixtvision, 2019, ISBN 978-3-95854-142-9.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze