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Kirche in WDR 5 | 24.09.2024 | 06:55 Uhr
Waldgold
Besonders nach Regentagen lässt es sich gut nach Waldgold suchen. So werden Pfifferlinge genannt, die kleinen goldgelbleuchtenden Pilze. Sie werden zu Recht „Waldgold“ genannt, nicht nur wegen ihrer Farbe, sondern weil sie auch kleine Schätze sind, was Nährstoffe anbelangt.
Aber: da gibt es doch die Redewendungen „das ist keinen Pfifferling wert“ oder „darauf würde ich keinen Pfifferling geben“. Ja, sie stammen aus einer vergangenen Zeit. Damals waren Pfifferlinge wertlos, weil sie in deutschen Wäldern stark verbreitet und sehr leicht zu sammeln waren. Heutzutage ist das anders, ganz anders. Ich spreche aus eigener Erfahrung, denn unter der fachlichen Anleitung von Johannes habe ich das Pilze-finden gelernt. Ich weiß, dass Pfifferlinge selten geworden sind und dass man nach ihnen schon echt gut suchen muss. Sie zu finden wurde für mich zu einem besonderen Abenteuer.
„Erst
nach ein paar Regentagen sprießen sie aus dem Boden.“, erklärte mir Johannes
und als die dunklen Wolken vorbeigezogen waren, machten wir uns auf den Weg. Um
Pfifferlinge zu finden, mussten wir vor allem langsam und bedächtig gehen. Mir
ist es oft passiert, dass ich daran vorbeigelaufen wäre, hätte Johannes nicht
gesagt: „Hey stopp, nicht so schnell, bleib stehen!“ Dann zeigte sein Finger
auf den Boden: „Schau mal, dort ein gelber Punkt!“ Wir bückten uns, schoben
Äste und Moos zur Seite, schauten unter die Baumwurzeln. Die Mühe wurde
belohnt. Vor unseren Augen lagen wunderschöne goldgelbe Punkte wie Sterne im
Moos, die sich als köstliche Pilze entpuppten. Waldgold, eben. Johannes
erklärte: „Der Pilz ist eigentlich nur die Frucht eines unterirdischen Geflechts,
das in einem großen Areal im Verborgenen wächst.“
Später dämmerte mir, dass ich hier nicht nur eine leckere Mahlzeit gefunden hatte, sondern einen wertvollen Gedanken für meinen Alltag.
Immer wieder mache ich auch traurige, schmerzhafte Erfahrungen. Ein Gespräch endet im Streit, ein Bekannter hat seine Prüfung nicht bestanden, im Freundeskreis erfährt jemand eine schlechte Krankheitsdiagnose und ich hetze von einem Termin zum nächsten - es ist zum Mäusemelken. Ich bin frustriert und am Boden zerstört.
Dann hilft mir der Hinweis: „Hey stopp. Schau hin!“ Einem kleinen Leuchten nachzugehen kann sich lohnen. Es hilft, langsamer zu gehen und sich lieber einmal mehr umzuschauen, um mehr zu sehen als nur das Offensichtliche - die offensichtlichen Schwierigkeiten. Es gibt doch auch kleine Momente, die ein Lichtblick im Alltag sind. Sei es ein vertrautes Lied, das ich im Radio höre und mich tröstet. Wenn mir jemand ein aufmunterndes Wort zuspricht oder mich einfach in den Arm nimmt.
Mit den Pfifferlingen ist es in mancher Hinsicht wie mit dem, was mir im Leben Kraft gibt. Es muss gar nicht viel sein, ist nicht immer in voller Größe sichtbar, meistens sogar ein bisschen versteckt. So wie die Pfifferlinge im Verborgenen einen ganzen Wald durchziehen können, ist das mit dem Glauben in meinem Leben auch. Da ist mehr. Da ist Gott, dessen Wirken mein ganzes Leben durchzieht. Gottes leuchtende Momente sind solche, die trösten, Mut machen, von Liebe zeugen.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie heute einen dieser kleinen Lichtblicke im Alltag spüren können. Sei er noch so klein - es ist mit Sicherheit einen Pfifferling wert!
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