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Kirche in WDR 5 | 23.10.2024 | 06:55 Uhr
Feste Pläne
Im vergangenen Herbst habe ich mit meinem Auto eine echt blöde Situation erlebt. Ich war auf dem Weg zum Gottesdienst und war in Eile. Alle Parkplätze rund um die Kirche waren besetzt und ich habe nicht lange nachgedacht und habe einfach auf einer Wiese geparkt. Leider hatte ich nicht darüber nachgedacht: Es hatte lange geregnet und der Boden war matschig. Als ich nach dem Gottesdienst zurückkam, und wie gewohnt einfach losfahren wollte, drehten die Räder durch. Mein Auto sackte im aufgeweichten Boden immer mehr ein und schon bald hatte ich mich festgefahren. Nichts ging mehr. Jetzt war guter Rat teuer. Alleine kam ich da unmöglich wieder raus. In Gedanken sah ich mich schon sieben Kilometer nach Hause laufen. Doch glücklicherweise fanden sich unter den Gottesdienstbesuchern mehrere kräftige Männer, die mein Auto gemeinsam anschoben und im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Dreck zogen. Das war eine riesige Kraftanstrengung. Glück gehabt! So etwas passiert mir hoffentlich nie wieder.
Allerdings muss ich zugeben: Mich festzufahren, dass die Räder durchdrehen und ich nicht von der Stelle komme, das gibt es viel öfter in meinem Leben, als mir lieb ist und zwar im übertragenen Sinne: Da habe ich zum Beispiel eine Meinung zu einer Sache, gehe etwas zu verbissen an und komme von meinem einmal eingeschlagenen Weg nicht mehr los. Da müssen dann erst andere Menschen kommen und mir aus dieser Situation helfen, damit ich wieder weitermachen kann.
Die Kraft, festgefahrene Situationen in meinem Leben zu überwinden, gedanklich weiterzukommen, kommt nicht aus mir allein. Dazu brauche ich Menschen, die mithelfen. Und ich vertraue dann noch auf eine weitere Kraft, die mir hilft, über mich hinaus zu wachsen, meinen Standpunkt zu wechseln und mich weiter zu bewegen – gar weiter zu entwickeln. Ich spreche da vom Heiligen Geist Gottes. Der wirkt manchmal durch andere Menschen, manchmal durch einen Ideenblitz und manchmal durch eine Überraschung. Aber es ist immer wie ein Anschub von außen. Zugegeben: Diesen Geist kann ich nicht zwingen, sein Eingreifen nicht erzwingen. Aber ich will die Möglichkeit nicht ausschließen: Es könnte doch auch noch anders sein und ausgehen als ich es jetzt meine und mir vorstelle. Es ist wie ein positiver Zweifel, der mir Mut macht, mich darauf einzulassen, mit Hilfe dieses Heiligen Geistes festgefahrene Wege zu verlassen. Ich weiß natürlich: Das Altbekannte scheint so viel Sicherheit zu bieten, doch es bringt mich nicht weiter, lässt mich auf der Stelle treten und wie mein Auto die Reifen nur durchdrehen. Festgefahren entwickele ich mich nicht weiter. Daher also die Bereitschaft zur Veränderung. Die Dichterin Mascha Kaléko formuliert das einmal in einem Gedicht so: „Zerreiß deine Pläne. Sei klug. Und halte dich an Wunder. Sie sind lange schon verzeichnet. Im großen Plan. Jage die Ängste fort. Und die Angst vor den Ängsten.“[1]
Bleiben sie mutig und zuversichtlich. Ihre Meike Wagener
[1] Mascha Kaleko: „Rezept“, zitiert nach „Die paar leuchtenden Jahre“ dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München 2003.