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Das Kaddisch des Leonard Cohen

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Kirche in WDR 5 | 07.11.2024 | 06:55 Uhr

Das Kaddisch des Leonard Cohen

Mit dem Tod ist das ja so eine Sache. Die einen verdrängen ihn möglichst und behandeln ihn als Tabu Thema. Schrecklich ist es, wenn der Tod dann ins Leben hereinbricht. Andere beschäftigen sich sehr intensiv mit ihrem bevorstehenden Tod.

So haben manche die Beerdigung und den Auferstehungsgottesdienst bereits vorbereitet. Auf seinen Tod vorausgeschaut hat auch ein Künstler, der in diesem Jahr seinen 90. Geburtstag hätte feiern können. Aber Leonard Cohen ist am 7. November 2016 gestorben, heute vor 8 Jahren. Er hat eine letzte CD hinterlassen, die heißt „You want it darker“[1], zu deutsch: „Du willst es dunkler“.

Das Album wird als Kaddisch interpretiert, was Cohen für sich selbst aufgenommen habe. Das Kaddisch Gebet ist wahrscheinlich eines der bekanntesten jüdischen Gebete, ein Totengebet. Leonard Norman Cohen war ein kanadischer Singer- und Songwriter wie Dichter und Schriftsteller. Er wird am 21. September 1934 In Kanada geboren, mitten hinein in eine jüdisch-orthodoxe Familie. Bis zu seinem Tod hat er die Verbindung zur Synagoge in Montreal aufrechterhalten.

So singen der Chor und der Kantor der Shaar Hashomayim Synagoge auf seiner letzten CD. Cohen lernt im Alter von 13 Jahren bereits Gitarre spielen, widmet sich aber dann erst der Literatur. So schreibt er nach dem Studium zwei Romane und einen Gedicht Band. 1967 veröffentlicht er seine erste LP und es beginnt eine 50-jährige Musikkarriere, die von Phasen des Rückzugs unterbrochen wurde.

Leonard Cohen ist bekannt für seine melancholischen Lieder und seinen sonoren Sprechgesang, der bis zu einem Flüstern reicht. Zu seinen bekanntesten Songs gehören Suzanne, Bird on the Wire und sein Halleluja. Religion spielt in seinen Liedern eine große Rolle. Sie sei das Vokabular mit dem er aufgewachsen ist, hat er einmal gesagt. Fragen und Zweifel scheinen bei Cohen eine größere Rolle zu spielen, als die der Überzeugung. Religiöse Inhalte erfahren bei ihm immer eine Brechung. So eine Art doppelten Boden.

Dies wird sehr anschaulich, wenn man sich den Text des Titelsongs von „You want it darker“ anhört. Der Song hat zahlreiche Gemeinsamkeiten mit dem jüdischen Kaddisch. Dies ist sowohl Totengebet als auch gleichzeitig ein Gotteslob. Cohen singt hier:

Du willst es dunkler, wir löschen die Flamme. Gelobt, gepriesen, sei dein heiliger Name. Verunglimpft, gekreuzigt in der menschlichen Gestalt.
Millionen Kerzen brennen für die Hilfe, die niemals kam.
Du willst es dunkler
Hineni, hineni - Ich bin bereit, mein Gott.“

Leonard Cohen spricht hier seinen Gott mit Du an, aber sein Verhältnis zu ihm scheint zwiespältig zu sein. Unversehens wird das aus dem Kaddisch anklingende Gotteslob und der Aufruf zur Heiligung des Namens zur Anklage Gottes. Eine Million Kerzen brennen für die Hilfe, die niemals kam. Sicherlich auch eine Anspielung auf die Millionen Toten der Schoa.

Es folgen zwei hebräische Worte, die mit „Hier bin ich“ übersetzt werden können. Und da sind wir beim Totengesang von Leonhard Cohen für sich selbst: Hier bin ich - Ich bin bereit!

Das meint mit Blick auf einen Gott, der es dunkler haben will, dass Cohen bewusst ist, dass er sterben wird. Mich fasziniert die Wachheit und die Klarheit, mit der Leonard Cohen auf sein Lebensende zugegangen ist.

Zugleich berührt mich, dass in seinem gesungenen Gotteslob die Klage über die Gottesferne mitschwingt. Möge er in Frieden ruhen! Und möge er uns ein Mahner dafür sein, dass der Tod ins Leben hineinbrechen kann.

Dies wünscht sich Peter Krawczack aus Düsseldorf.


[1] https://www.youtube.com/watch?v=v0nmHymgM7Y

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