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Kirche in WDR 5 | 06.02.2025 | 06:55 Uhr
meine Menschlichkeit
Guten Morgen!
Vor einer Woche hat die CDU/CSU im Bundestag mit Unterstützung der AfD und FDP einen Entschließungsantrag zur Verschärfung der Migrationspolitik knapp durchgesetzt. Das gilt in weiten Teilen der Bevölkerung als Tabubruch. Und hat bundesweit Demonstrationen gegen eine mögliche Annäherung der Union an die AfD ausgelöst.
In der ganzen Debatte habe ich die Menschlichkeit vermisst. Und ich möchte mir meine Menschlichkeit nicht nehmen lassen.
Es gibt diese Momente in der Geschichte, die uns den Atem rauben und an die wir uns noch lange erinnern werden. Letzte Woche war das wohl so ein Tag und ich neige auch zu einer Schockstarre. Gucke mir vieles dazu im Internet an und ertrag es gleichzeitig kaum.
Aber gerade JETZT dürfen wir nicht verzweifeln. Gerade jetzt nicht. Denn genau das ist es, was sie wollen: Dass wir aufgeben. Dass wir verstummen. Dass wir uns machtlos fühlen.
Das stimmt aber nicht, denn wir haben alle eine Stimme in der Demokratie und die ist mehr als ein Kreuz auf dem Wahlzettel.
In jeder einzelnen Person von uns steckt eine Kraft, die niemand uns nehmen kann. Sie ist da. Sie wartet nur darauf, dass wir sie gemeinsam nutzen.
Ja, manchmal sind wir sprachlos.
Ja, manchmal fühlen wir uns hilflos.
Und ja, manchmal scheint die Last unerträglich. Oft sogar im Moment.
Aber genau dann müssen wir uns erinnern: Wir sind nicht allein. Wir waren zu 100 Tausenden auf den Straßen am Wochenende.
Und wir lassen uns unsere Menschlichkeit nicht nehmen. Nicht heute. Nicht morgen. Niemals.
Und ich persönlich vertraue darauf, dass Gott in diesen Zeiten bei uns ist. Nicht als ferne Macht, sondern in jedem Moment, wo Menschen füreinander einstehen und gemeinsam auf die Straßen gehen. In jedem Augenblick, wo wir die Würde des anderen verteidigen. In jeder Sekunde, wo wir die Hoffnung weitertragen.
Denn das ist unsere größte Kraft: Dass wir trotz allem in jedem Menschen ein Wunder sehen können. Dass wir uns weigern, den Weg des Hasses zu gehen. Dass wir zusammenstehen, wenn es darauf ankommt.
Das macht uns zur wahren Gefahr für jene, die Spaltung säen wollen. Unsere unerschütterliche Liebe und Empathie. Nicht unser Hass, sondern unsere Verbundenheit. Nicht unsere Verzweiflung, sondern unsere Hoffnung.
Denn eines ist gewiss: Keine Macht der Welt kann uns unsere Menschlichkeit nehmen, solange wir zusammenstehen.
Ihre Sarah Vecera aus Essen.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze | Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel