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Kirche in WDR 5 | 20.02.2025 | 06:55 Uhr
Gerechtigkeit first
Guten Morgen.
Mia ist acht (Jahre) und sorgt dafür, dass mittags was auf den Tisch kommt. Sie schiebt den ersten Teller Nudeln in die Mikrowelle. Der ist für ihren kleinen Bruder. Mias Teller kommt gleich dran. Mama ist arbeiten, sonst kommen sie nicht über die Runden. Zu Papa haben sie keinen Kontakt mehr. Er zahlt auch nicht.
Ein paar Straßen weiter. Leon - neun Jahre alt - wartet an der Bushaltestelle auf seine Mutter. Wenn sie gleich kommt, wird er ihr helfen die Taschen nach Hause zu tragen. Leons Mutter ist bei der Tafel einkaufen. Da gibt es kostenlos Lebensmittel, die im Supermarkt nicht mehr verkauft werden können. Leon geht nicht mit dahin. Er hat Angst, dass jemand aus der Klasse ihn sieht.
Im evangelischen Kindergarten unterhalten sich Erzieherinnen und Kinder darüber, wie sie sich Gott vorstellen. „Der gibt den Menschen zu essen und zu trinken.“, sagt die vierjährige Sophia und meint damit Jesus.
Die Erzieherinnen wissen: Das Mädchen bekommt zu Hause zu wenig zu essen. Überhaupt wird Sophia vernachlässigt. Sophia kommt oft ohne Frühstück und ohne Pausenbrot.
Immer wieder begegne ich Eltern und Kindern wie Leon, Mia und Sophia, die wir in Deutschland als arm bezeichnen.
Ungefähr jedes 7. Kind (14%) in Deutschland ist arm oder armutsgefährdet. Das sind 2,1 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 (Jahren). (1)
„Jesus gibt den Menschen zu essen“, hat Sophia gesagt. Sie hat das im Kindergarten gehört. In den Geschichten, die die Erzieherinnen von Jesus erzählt haben. Sophia hat im Kindergarten zu essen bekommen. Ungefähr jedes 5. Schul-Kind kommt morgens hungrig zur Schule. (2) Daran ist besonders Armut Schuld, aber nicht nur. Der Verein „brotZeit“ (3) organisiert ein kostenloses Frühstück für alle Kinder vor der Schule. Das Land NRW fördert das. Ehrenamtliche Seniorinnen und Senioren teilen das Essen aus und hören den Kindern zu. Gegründet hat den Verein die Schauspielerin Uschi Glas. Sie sagt: „Ich bin evangelisch, wie man wahrscheinlich weiß. Ich denke, dass das Wichtigste am Christentum die Nächstenliebe ist.“ (4) Wir sollten die Augen für die Nöte unserer Mitmenschen offenhalten, meint sie.
Kinder, die in einer armen Familie groß werden, haben geringe Chancen, dass es ihnen einmal besser geht. Und auch Kinder mit Eltern, die eine schlechtere Bildung haben. Da ist es sogar jedes 3. Kind, das armutsgefährdet ist. Weil die Eltern meist schlechter verdienen. Kinder brauchen gute Startbedingungen in ihr Leben, damit sie die eigenen Fähigkeiten entdecken und ausbilden können – dazu braucht es selbstverständlich - Geld.
Grundsicherung für Kinder. Ausreichende Regelsätze für Haushalte an der Armutsgrenze zum Beispiel.
Neben den politischen Lösungen kann ich selbst etwas tun - nach dem Vorbild der ersten Christinnen und Christen: von allem, was ich kann und habe, etwas teilen. Damit alle bekommen, was sie zum Leben nötig brauchen. (Die Bibel, Apostelgeschichte 4,32-35)
Sich bei Vereinen engagieren, die Kindern in schwierigen Situationen helfen. Mein Musikinstrument verschenken, das im Regal verstaubt. Kostenlos Nachhilfe geben. Einen internetfähigen Laptop verschenken. Und: Initiativen unterstützen, die Eltern helfen, sich selbst zu helfen. Damit sie wieder Kraft und Ideen schöpfen, für sich und ihre Kinder gut zu sorgen.
Heute ist der Welttag der sozialen Gerechtigkeit. Gerechtigkeit first – das ist im Sinne Jesu. Dem, der den Menschen zu essen gibt, wie die kleine Sophia sagt.
(Ende WDR 4, Verabschiedung für WDR 3-5: )
Einen gesegneten Tag wünscht Ihnen, Petra Schulze, Rundfunkpfarrerin in Düsseldorf.
Quellen:
Alle folgenden Links zuletzt abgerufen am 16.02.2025:
(1) https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/07/PD24_N033_63.html
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/07/PD24_N033_63.html
(2) https://www.schulministerium.nrw/brotzeit
(3) https://www.brotzeitfuerkinder.com/
(4) https://promisglauben.de/uschi-glas-ich-denke-dass-das-wichtigste-am-christentum-die-naechstenliebe-ist/
https://www.domradio.de/artikel/uschi-glas-und-verein-brotzeit-erweitern-angebot-auf-nrw