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die erste Jugendweihe
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Kirche in WDR 5 | 27.03.2025 | 06:55 Uhr

die erste Jugendweihe

Im letzten Mai war es dann für mich so weit: meine erste Jugendweihe. Im Berliner Friedrichstadtpalast. Genauer gesagt war es die Jugendweihe meiner Nichte. Als Westdeutscher erlebt man so etwas ja nicht alle Tage. Und ehrlich gesagt hatte ich nicht viel erwartet. Ich hatte als Kirchenmann das Ganze zwar nicht gemieden wie der sprichwörtliche Teufel das Weihwasser. Aber eine gewisse theologische Arroganz hatte ich schon im Gepäck. Von einem Ritus ohne Gottesbezug erwartete ich einen ähnlichen Nährwert wie von Toastbrot.

Nun, ich wurde eines Besseren belehrt. Vor Europas größtem Varietétheater: lange Schlangen. Eine feierliche Stimmung in der Luft. Das Haus: ausverkauft. Richtig gehört: für diese Feier mussten Tickets gekauft werden. So finanziert der Humanistische Verband die Feier. Und für das Geld wurde ordentlich was geboten: Live-Musik, Lasershow, Theaterszenen und Ansprachen von Prominenten, die mir jedoch nicht so bekannt waren, wie denen im Raum. Inka Bause habe ich erkannt – die Moderatorin von „Bauer sucht Frau“.

Und bei all diesen Ansprachen ging es auch um „harte Kost“: Um Demokratie, Inklusion, Vielfalt, Verantwortung. Das Ganze hatte also doch Nährwert. Zudem war meine Nichte richtig beflügelt von der Zeremonie. Sie stammt aus Ostberlin, ist nicht getauft. Es war die erste große Feier in ihrem Leben, in der zumindest für einen Bruchteil nur um sie ging. Und in der ihr – quasi offiziell – zugesprochen wurde, dass sie jetzt das Kindesalter verlassen hat und sich das Erwachsensein ertasten wird.

Ein klassischer Initiationsritus also. Und ich erzähle heute davon, weil heute vor 70 Jahren die erste Jugendweihe in der damaligen DDR stattfand. Am 27. März 1955, in Ost-Berlin. Daraus entwickelte sich für den sozialistischen Staat ein echtes Erfolgskonzept. 1958 ordnete Walter Ulbricht für alle Jugendlichen verbindliche Jugendweihen-Feiern an. Damit wollte die SED vor allem den Einfluss der Kirchen auf die Jugend brechen. Und damit ist ihnen gelungen, was die Vorformen der DDR-Jugendweihen nicht geschafft hatten. Denn: Jugendweihen gab es schon seit den 1850er Jahren. Walter Ulbricht z.B. wohnte 1907 einer Jugendweihe bei.

1989 war Schluss mit der DDR. Die Jugendweihe aber hat als eines der wenigen Elemente den sozialistischen Staat überlebt. In manchen Regionen Ostdeutschlands heißt sie auch noch, wie zu DDR-Zeiten, Jugendweihe. In Berlin nennt der Humanistische Verband sie genau genommen „Jugendfeier“. Aber auch bei meiner Nicht und bei allen Verwandten war klar: wir feiern Jugendweihe.

Warum hat diese Feier überlebt? Weil der Übergang ins Erwachsenen-Leben einen Ritus braucht. So wie auch der Abschied von einem Menschen einen Ritus braucht. Als Theologe kann ich mir persönlich einen Ritus nur schwerlich vorstellen, ohne dass dort Gott einen Platz hat. Also der Bezug zu dem Grund, dem sich alles Leben und Wachsen verdankt – so mein Glaube. Aber: Ich war im vergangenen Jahr auf ganz unterschiedlichen Initiationsfeiern: zwei Konfirmationen, drei Firmungen, einer Jugendweihe. Und ich will es mal so sagen: die Jugendweihe meiner Nicht rangierte auf den oberen Rängen. Weil ich abgedroschene Gottesphrasen für mich ebenso nicht erbaulich finde wie für die Heranwachsenden. Weil in einem festen katholischen Ritus sich oft Lieblosigkeit einrichten kann. Weil die Botschaft des „Ich sehe Dich“ untergeht, wenn es nur um die Befindlichkeiten des zelebrierenden Bischofs geht – bei der Auswahl der gesungenen Lieder angefangen.

Dabei ist dieses „Ich sehe Dich“ der zentrale Initiationsmoment einer jeder Religion. Würde ich sagen. Nicht immer direkt durch Gott, sondern vielmehr durch von Gott inspirierte Menschen. Dass Gott zur jungen Generation spürbar weniger durchdringt, das hat auch mit der Lieblosigkeit der seelsorgerischen Massenabfertigung zu tun, wie sie heutzutage leider viel zu oft Gang und Gäbe ist.

Meine berührendste Feier habe ich übrigens letztes Jahr in der altkatholischen Gemeinde von Berlin erlebt. Dort wurde eine junge Frau gefirmt. Der Pastor kannte sie gut. Er predigte genau auf Ihr Leben, ihre Fragen und Hoffnungen hin. Alle waren eingeladen, nach vorne zu kommen, um sie zu segnen. Das hatte eine ungeheure Kraft. Und daran glaube ich noch immer. An die Kraft von Riten, Segen und den Zuspruch von Gutem.

Ich wünsche Ihnen einen guten Tag! Ihr Klaus Nelißen aus Köln.

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