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Kirche in WDR 5 | 25.04.2025 | 07:55 Uhr
Unvergessliches Fest
Eine der flachsten Gegenden der Erde: Nicht
das Wattenmeer, sondern die Black-Rock-Wüste im Nordwesten der USA. Diese Wüste
ist bekannt für ihre endlosen, staubigen Ebenen und für die extreme Hitze, gerade
im Sommer. Aber gerade, wenn der Wüstenboden glüht, ziehen jedes Jahr Tausende
genau dort hin. Warum? Wegen des Burning-Man-Festivals – in bestimmten Kreisen
ist es das Highlight des Jahres. Die Teilnehmer reisen für eine Woche an.
Sie müssen alles selbst mitbringen. Es gibt nichts zu kaufen. Es geht nicht um
Geschäftsinteressen. Es geht darum, sich selbst auszudrücken. Ein einzigartiges
Festival der Kreativität. Radikal. Pulsierend. Manche reisen sogar mit eigenen
Flugzeugen an. Viele mit Zelten oder Wohnwagen, die mitunter aussehen wie
Raumschiffe. Das Ganze: ein großes Kunst-Happening. Zart besaitet sollte man
nicht sein: Das fängt bei der Lautstärke der Musik an und reicht bis zu den
üppigen Verkleidungen. Manche laufen dort gar eine Woche nackt herum –
hoffentlich mit gutem Sonnenschutz. Rund 70.000 Menschen kommen zu diesem
Spektakel. Als ich zum ersten Mal davon hörte, war ich fasziniert. Ich wollte
mehr wissen. Ich stieß darauf, dass es bei dieser Veranstaltung sogar einen
Tempel gibt. Welche Religion oder Kirche? Keine! Kein Symbol deutet auf eine
Religion hin in diesem Tempel. Das fand ich als Priester natürlich
hochspannend. Ich fand im Internet Aussagen von Menschen, die diesen Tempel
besuchen. Und das sind viele während des Festivals.
Manche bringen Fotos mit von lieben Menschen.
Andere besondere Gegenstände. Einige schließen hier ihren Lebensbund – sicher
nicht nach katholischem Eheverständnis, aber es scheint ihnen ja wichtig. Andere
trauern hier – inmitten dieses Festivals der Anarchie. Das alles in einem
säkularen Tempel. Diese Vorstellung ist mir fremd. Aber sie fasziniert mich. Und ich frage mich: Ist dieses Fest im Kern
so anders als die Feste, die ich kenne – als
Priester in Ostwestfalen?. Menschen bringen sich zum Ausdruck. Sie finden
zusammen. Sie erleben eine erfüllte Zeit. Manche Feste vergisst man ein Leben
lang nicht.
Zum Beispiel bereiten sich heute viele katholischen Familien auf das Fest der Erstkommunion vor. Morgen ist „weißer Sonntag“. Dieser Tag hat seinen Namen aus dem frühen Christentum, als die Täuflinge nach ihrer Taufe weiße Gewänder trugen. Heutzutage empfangen katholische Kinder im Alter von etwa neun Jahren zum ersten Mal den Leib Christi. In der Gestalt des Brotes, einer kleinen, runden Hostie. Die weißen Gewänder, die unscheinbare Oblate mit immens aufgeladener Bedeutung: Für Außenstehende mag das genauso exzentrisch klingen, wie ein Kunst-Happening auf dem Burning-Man-Festival. Aber es ist ja dennoch so real wie die Anliegen der Menschen im säkularen Tempel in der Black-Rock-Wüste. Die Freude der Erstkommunionkinder ist real; die Bedeutung des gemeinsamen Feierns, Essens, Erinnerns an diesen Tag. Der Vergleich mit einem Fest in einer nordamerikanischen Wüste ist gewagt. Aber die Feier der Erstkommunion steht dem Tempel aus meiner Sicht in nichts nach. Doch finde ich: Für ein großartiges Fest muss man nicht zu einem Spektakel in die Wüste reisen. Im besten Fall erleben die Kinder und ihre Familien auch morgen eine erfüllte Zeit. Ihr Leben kommt zum Ausdruck. Und sogar noch mehr: Zum Ausdruck kommt vor allem die Zuwendung Gottes zu jeder und jedem Einzelnen. Gott steht bei diesem Fest im Mittelpunkt. Näher, die Gemeinschaft mit Gott – „Communio“ eben. Unvergessliches wünsche ich allen Kindern und ihren Familien, die in diesem Jahr ihre erste heilige Kommunion feiern. Auch denen, die sich mit Freude und Dankbarkeit an diesen Tag zurückerinnern.
Manuel Klashörster aus Delbrück