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Kirche in WDR 5 | 09.05.2025 | 06:55 Uhr
Habemus-Leonem
Auf einmal ging es gestern ganz schnell: Nach vier Wahlgängen war abends klar: Habemus Papam! Wir haben einen neuen Papst!
Um kurz nach 18 Uhr explodiert mein Handy: Menschen aus aller Welt schreiben auf allen möglichen Kanälen: Nonnen aus den Philippinen, Studienfreunde aus den USA, meine evangelische Kollegin. Mein Bruder schickt ein Foto von meinem kleinen Neffen, 1 Jahr alt, in die Familien-Whatsappgruppe: „Justus‘ erste Papstwahl“. Und ich denke so: Ja, an dem „Wir“ im „Habemus“ ist in diesem Moment was dran. Die Welt scheint ein wenig vereinter unter der lachenden Sonne Roms, auf dem Petersplatz mit all den bunten Fahnen und glücklichen Gesichtern.
Und das an dem Tag, als vor 80 Jahren die weiße Fahne geschwenkt wurde. Als der Krieg vorbei war, als nicht nur Europa in Schutt und Asche lag, nachdem Deutschland die Welt in Brand gesetzt hatte. Von einem „Wir“-Gefühl konnte damals keine Rede sein.
Gestern auf dem Petersplatz: ein großes Wir. Große Freude. Ein Jubel, wie beim Fußball-WM-Sieg, als sich nach über einer Stunde Warten der Vorhang auf dem Balkon des Petersdoms öffnet. Und dann zunächst die Herkunft des neuen Papstes: der erste US-Amerikaner auf dem Stuhl Petri. Aber einer, der als Augustinermönch zunächst Missionar war in Peru, später dort sogar Bischof. Einer also, der auf der Nordhalbkugel ebenso zu Hause ist, wie auf der Südhalbkugel.
Und dann der Name: Habemus Leonem! Wir haben einen Löwen! Kardinal Robert Francis Prevost nennt sich seit gestern Leo XIV.. Mit Löwen verbinde ich eher Raubtiere, die gerne laut brüllen.
Ganz anders aber dieser Leo, der da auf dem Balkon des Petersdoms steht: Fast schüchtern schaut er. Lächelt gütig. Nervös ist er auch. Kein Wunder: Man wird ja nicht mal eben so Papst.
Umso entschiedener seine ersten Worte: „Der Friede sei mit Euch!“ Und damit zitiert er gleich den Auferstandenen Jesus. Dass er das mit dem Frieden aber nicht als fromme Floskel meint, wird sofort klar. Denn: Kein anderes Wort kommt so oft vor in seiner Ansprache wie dieses: „Ich möchte, dass der Frieden in Eure Herzen einzieht. Und zu allen Völkern vordringt“, sagt er der versammelten Menge auf dem Platz– ja der gesamten Weltöffentlichkeit.
Was für ein Apell – an dem Tag, von dem seit 1945 her hallt: „Nie wieder Krieg!“ Gut gebrüllt, Leo, denke ich mir. Der neue Papst wird noch konkreter: „Ich möchte einen Frieden ohne Waffen, einen bescheidenen Frieden“.
Bescheidenheit aus dem Mund eines US-Amerikaners in führender Position: Vielleicht braucht genau das gerade die Welt. Und auch einen Wunsch wie diesen: „Wir sollten vereint sein, Hand in Hand (….) Helft Euch einander, Brücken zu bauen. Im Dialog. Indem Ihr Euch trefft.“
Ja – das klingt so einfach. Aber darum geht es doch: Dass
die Menschheitsfamilie erkennt: Wir gehören zusammen. Wenn es diesem Papst
gelingt, Brücken zu bauen: Zwischen Nord und Süd, zwischen rechts und links,
zwischen reich und arm: Dann wird er seinem uralten Ehrentitel gerecht: dann
ist er ein „Pontifex Maximus“ – ein oberster Brückenbauer.
Und daher möchte ich ihm glauben, wenn er
sagt: „Wir können eine synodale Kirche sein. Die stets bemüht ist, den Frieden
zu suchen. Die stets barmherzig sein möchte an der Seite derer, die leiden.“
Dass er eine löwenstarke und zugleich friedliebende Stimme in der Welt ist. Und ein guter Hirte für meine, die katholische Kirche. Das wünsche ich mir und dafür wünsche ich ihm jetzt erstmal: Gottes Segen.
Aus Köln grüßt: Klaus Nelißen