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Sonntagskirche | 12.11.2017 | 08:55 Uhr

Banaler Streit

Eingespielt aus dem Loritotsketch „Das Frühstücksei“ https://www.youtube.com/watch?v=UWjIX3h1C0Q

Er: Berta!

Sie: Ja ...

Er: Das Ei ist hart!

Sie: (schweigt)

Er: Das Ei ist hart!!!

Sie: Ich habe es gehört ...

In der Tat: zu einem Sonntagsfrühstück gehört für mich seit Kindertagen ein Ei dazu. Das gibt’s nur Sonntags (zumindest bei uns). Und ich mag es am liebsten weichgekocht. Das Eiweiß komplett gestockt und das Eigelb möglichst flüssig.

Als leidenschaftlicher Fan des Humor-Großmeisters Loriot muss ich allerding gestehen, dass ich kein Ei köpfe, ohne an den eben gehörten Sketch zu denken. Bei Hören habe ich dessen Knollenmännchen vor Augen und lasse mich allzu gern gedanklich an den Frühstückstisch von Berta und Hermann entführen. Es ist einfach nur traumhaft diesen Dialogen zuzuhören. Warum? Ich glaube, weil Loriot es (wie kaum ein anderer) schafft, uns unsere eigenen Verhaltensweisen und Macken vorzuhalten - in den alltäglichsten Situationen. Bei Hermann und Berta entzündet sich das eben am Frühstücksei. Hermann scheint es da genau wie ich zu halten: Nur ein weiches Ei ist für ihn das ideale Ei. Da macht er keine Kompromisse.

Eingespielt:

Er: Wie lange hat das Ei denn gekocht?

Sie: Zu viele Eier sind gar nicht gesund!

Er: Ich meine, wie lange dieses Ei gekocht hat ...?

Sie: Du willst es doch immer viereinhalb Minuten haben ...

Er: Das weiß ich ...

Sie: Was fragst du denn dann?

Er: Weil dieses Ei nicht viereinhalb Minuten gekocht haben kann!

Es stimmt: das Thema des Streits ist eigentlich total banal: ein hartes Ei – überflüssiger geht’s nicht. Und der Dialog wirkt von außen wirklich albern. Aber Hand aufs Herz: ich selber entdecke mich schon hier und da wieder. Grade beim gemeinsamen Essen hat man ja oft Zeit sich auszutauschen über dass, wozu in der Fülle der täglichen Aufgaben wenig Zeit bleibt. Da kann oft ein Reizwort genügen und ein Wort ergibt das andere. Schnell entsteht dann aus der banalen Nebensächlichkeit eine Auseinandersetzung oder gar ein Streit. Die kleine Stichelei am Rande kann wunde Punkte treffen und dann sehr verletzen.

Eingespielt:

Er: Jaja ... jaja ... jaja ... wenn ein Ei nach Gefühl kocht, kocht es eben nur zufällig genau viereinhalb Minuten.

Sie: Es kann dir doch ganz egal sein, ob das Ei zufällig viereinhalb Minuten kocht ... Hauptsache, es kocht viereinhalb Minuten!

Er: Ich hätte nur gern ein weiches Ei und nicht ein zufällig weiches Ei! Es ist mir egal, wie lange es kocht!

Sie: Aha! Das ist dir egal ... es ist dir also egal, ob ich viereinhalb Minuten in der Küche schufte!

Zoff am Tisch. Das kann wirklich keiner gebrauchen und an einem Sonntag schon gar nicht. Aber das ist eben allzu menschlich. Übrigens: Das Christentum ist ja eine Religion, die um den „Tisch des Herrn“ – wie es so schön heißt – gegründet wurde. Und Christen haben es leider auch oft in der Geschichte geschafft, das Tischtuch zu zerreißen. Das Gedenken an die Reformation in diesem Jahr hat das noch mal gezeigt. So ein Streit ist vielleicht allzu menschlich. Aber von außen – und da geht es den Christen wie Berta und Herrmann erscheint manche Auseinandersetzung so skurril wie um ein Frühstücksei.

Egal: Fang ich erst mal bei mir an. Spitze Bemerkungen vermeiden und ein wenig am Riemenreißen –das kann ich gleich wieder am Frühstückstisch trainieren.

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