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Kirche in WDR 5 | 16.04.2021 | 06:55 Uhr

Sinnfrage

„Macht das alles noch Sinn?“ – das ist ja eine miese Frage. Das miese an ihr ist: Sie taucht genau dann auf, wenn man sie am wenigsten braucht. Wenn sowieso schon die „Hütte brennt“, wenn alles mies ist.

Leider ist es ja so, dass dieses Corona-Jahr immer wieder die Gelegenheit gibt, dass diese Frage gestellt wird. Im Rückblick auf ein Jahr Corona muss ich jedenfalls sagen, dass ich mir diese Frage öfter gestellt habe, als in den Jahren zuvor. Dieses Auf und Ab, diese Unsicherheit, das „nicht rauskönnen“, das „nicht so sein wie immer“: das hat mich mehrmals an meine körperlichen, psychischen, seelischen und emotionalen Grenzen gebracht. Vielleicht ist es Ihnen auch so gegangen – seien Sie froh, wenn das nicht so war.

„Macht das alles noch Sinn?“ – diese Frage berührt ziemlich genau ein Thema, mit dem ich mich in meiner Seelsorgeausbildung intensiv beschäftigt habe und für das ich sehr dankbar bin. Es ist das Konzept der „Salutogenese“ – ein schwieriges Wort. Gemeint ist damit eine Theorie darüber, wie „Gesundheit entsteht“. Aufgestellt hat die Theorie in den 1970er Jahren Aaron Antonovsky, ein Medizinsoziologe. Der hatte sich gefragt, warum Menschen, die ganz schlimmes Leid erfahren so unterschiedlich damit umgehen: Die einen zerbrechen daran, die anderen haben das irgendwie weggesteckt. Antonovsky hatte das an der krassen KZ-Erfahrung in Auschwitz fest gemacht. Und er stellte die These auf, dass jeder Mensch so eine Art Sinn dafür hat, dass das alles noch Sinn macht. Den „Sense of Coherence“, nannte er das. Im Deutschen nennt man das „Kohärenzgefühl“.

Ich habe vom „Sense of Coherence“, wie gesagt, in meiner Seelsorgeausbildung fürs Bistum Münster erfahren. Und ich erinnere mich noch, wie unsere Ausbildungsleiterin, Margret Nemann – eine tolle Frau – sagte: Sie müssen sich das so vorstellen wie ein Wolke, die über einem schwebt, die Mal Schatten spendet oder auch für Regen sorgt, damit die Erde darunter grünt.


Das Bild hat mir geholfen, denn diese Wolke, dieser „Sense of Coherene“, der speist sich in Wirklichkeit aus ganz unterschiedlichen Faktoren: Gesundheit, soziale Sicherheit, Selbstverwirklichung, Beziehungsgeflechte – und anderes mehr.

Wenn einzelne Faktoren angegriffen werden oder ausfallen, dann ist es wichtig, das sie ausgeglichen werden, durch die anderen Faktoren: Gute Freundschaften können helfen, wenn die Gesundheit leidet, soziale Sicherheit kann stärken bei mangelnder Selbstverwirklichung. Problematisch wird es nur, wenn alle diese Faktoren zusammen angegriffen werden, die Wolke sozusagen pulverisiert wird, dann verdorrt das Land darunter, dann geht der Mensch ein.

Genau dann aber kann ein Faktor hereinspielen, der diese Wolke auch nähren kann: nämlich die Spiritualität. Ja genau: Das ist eine wichtige Ressource dafür, dass alles noch Sinn macht. Habe nicht ich gesagt, nicht Frau Nemann vom Bistum Münster, sondern hatte schon dieser Medizinsoziologe Antonovsky festgestellt. Ich verstehe unter Spiritualität Glauben. Das ist mir eine sehr wichtige Einsicht geworden: Menschen, die glauben, haben einen Faktor mehr in dieser
„Wolke“, um krisenfest zu sein. Wohlgemerkt: das ist vielleicht auch die komplizierteste Ressource. Denn den Glauben kann sich keiner für Geld kaufen, keiner erzwingen, oder sich erarbeiten. Glauben ist etwas anderes. Glauben hat damit zu tun, dass es da noch etwas gibt, das größer ist als alles was ich mir vorstellen kann und auf das ich mein Vertrauen setze.

Vor 50 Jahren hat die Würzburger Synode der katholischen Kirche das für mich wunderbar in einen Satz gefasst: „Der Gott unseres Glaubens ist der Grund unserer Hoffnung, nicht der Lückenbüßer für unsere Enttäuschungen.“ [1]

Gott als Grund meiner Hoffnung – diesen Satz habe ich im Januar wiederentdeckt in einem Moment in dieser Krise, als ich mich heftig fragte, „ob das alles noch Sinn macht“. Und ich fühle mich durch diesen Satz irgendwie beschenkt und gestärkt. Der Gott unseres Glaubens ist der Grund unserer Hoffnung. Ein guter Satz für den Start in den Tag, findet Klaus Nelißen aus Köln.


[1] https://weltkirche.katholisch.de/Portals/0/Dokumente/Gemeinsame_Synode_1975_-_Unsere_Hoffnung.pdf

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