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Kirche in WDR 3 | 13.08.2025 | 07:50 Uhr
Linkshändertag
Das machst Du doch mit links! Tja, wenn das mal so einfach wäre. Als Rechtshänder komme ich da ganz schnell an meine Grenzen: Zum Beispiel wenn ich mit der linken Hand eine Schere benutzen will, um etwas auszuschneiden oder die Maustaste am Computer bedienen muss. Nur dann, wenn etwas wirklich spielend leicht geht, stimmt die Redensart: Das machst Du mit links. Es sei denn, man ist Linkshänder, wie etwa jeder zehnte Mensch. Meine Schwester, zum Beispiel.
Heute ist internationaler Linkshändertag. Und der macht darauf aufmerksam, dass es für Linkshänder oft gar nicht so einfach ist, im Alltag klar zu kommen. Bis in die 1980er Jahre wurden Linkshänder bereits als Kleinkinder noch auf den Gebrauch der rechten Hand umerzogen. Meine Schwester hat das gut hingekriegt. Sie ist Chirurgin und sie operiert mit beiden Händen gleich gut. Aber andere leiden noch heute darunter, dass sie gegen ihre natürliche Veranlagung mit der rechten Hand agieren müssen, statt mit der linken Hand. Dass muss ihnen noch nicht mal unter Zwang eingebläut worden sein. Oft imitieren Kinder ja einfach das Verhalten der Erwachsenen und machen es mit rechts, obwohl sie es viel besser mit links machen könnten.
Und jetzt möchte ich, heute am Linkshändertag, noch auf ein „sinisteres“ Kapitel zu sprechen kommen, im wahrsten Sinne. „Sinister“ heißt im Lateinischen nämlich genau beides: „unheilvoll“ und „linksseitig“. Und es gehört zur Geschichte dieses Tages, dass Linkshänder früher oft diskriminiert und sogar verteufelt wurden.
Bemerkenswert ist dabei schon unser Sprachgebrauch: Wenn mir zum Beispiel jemand „Recht“ ist und er auf dem rechten Weg geht oder den Ruf hat, linkisch oder gar link zu sein, dann bewerte und urteile ich über ihn: rechts ist gut und links ist schlecht. Die Ursache für solchen Sprachgebrauch geht unter anderem weit zurück in die christliche Religionsgeschichte. Da sagt Jesus höchstpersönlich im Neuen Testament über das Endgericht (vgl. Mt 25, 31ff): „Gott wird die Völker voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. Er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zur Linken.“ Und die Schafe zur Rechten werden gerettet, sind also gut, und die Böcke zur Linken werden verdammt, sind also böse. Wobei ich mir sehr sicher bin, dass Jesus damals nicht absehen konnte, was für eine Wirkungsgeschichte seine räumliche Aufteilung von Gut und Schlecht in seiner Endzeitrede hatte. Fakt ist aber: sie hatte es. Eine klare Zuordnung, die einen dunklen und abergläubischen Schatten geworfen hat auf das Verständnis von der linken Seite.
Apropos Aberglaube: Der Gründer des internationalen Linkshändertages Dean Richard Campbell aus den USA hat damals 1976 bewusst den 13. August gewählt für diesen Gedenktag, weil die 13 im abergläubischen Sinne eine Unglückszahl ist. Und auch dagegen wollte er angehen: Denn die 13 ist eins über der 12. Und die steht wiederum positiv für die 12 Stämme Israels, die 12 Apostel und für das himmlische Jerusalem.
Aber zurück zur linken Hand. Da gibt es auch eine schöne Redensart. Wenn ich nämlich zum Gruß einem anderen meine linke Hand reiche, weil die rechte gerade nicht frei ist, sage ich dann: Die linke kommt von Herzen. Und das meint ja etwas Gutes, denn das Herz gilt ja als Zeichen für Leben und Liebe.
Und so grüße ich sie herzlich aus Duisburg und winke mit der linken Hand,
Ihr Pater Philipp Reichling.