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Kirche in WDR 3 | 11.08.2025 | 07:50 Uhr

Drahtseilakt

Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf einem Seil. Hoch oben. 100 Meter über dem Boden. Jeder falsche Schritt – ein Absturz. Und dann stellen Sie sich vor: Sie geben Ihr Bestes. Sie haben geübt. Sie sind trainiert. Aber egal, was Sie tun – Sie werden fallen. Es ist unausweichlich. Ob und wo Sie landen, ist ungewiss. Solche Drahtseilakte gibt es nicht nur im Zirkus. Es gibt sie mitten im Leben. In Entscheidungen. In Beziehungen. Und oft die Frage: Sollte ich dieses Risiko überhaupt eingehen? Mache ich das Richtige? Oder sollte ich’s lieber lassen?

In der Rückschau ist man immer klüger. Aber in dem Moment selbst? Besonders Menschen, die stark mit Selbstzweifeln kämpfen, erleben das: es gibt kein vor und kein zurück. Diese Menschen begegnen mir in Seelsorgegesprächen immer wieder: Menschen, die sich selbst nicht lieben können. Und die auch die Liebe anderer kaum ertragen.

Denn Nähe ist nicht nur Bestätigung. Nähe stellt manchmal auch Fragen. Und wer sich selbst nicht sicher ist, erlebt solche Nähe schnell als Bedrohung. Dann wird ein einfacher Kontakt zur Grenzverletzung. Offenheit zur Überforderung. Nähe zur Gefahr. Statt gesunder Selbstfürsorge wird dann schnell zum radikalen Schwarz-Weiß-Denken gegriffen: Wer mich verletzt, muss raus. Wer sich meldet, ist zu nah. Dazwischen – gibt es nichts. Beziehung wird nicht gestaltet, sondern zerstört. Als Exit-Strategie. Weil alles andere zu viel wird.

Das ist schwer – für alle Beteiligten. Auch für die, die mit solchen Menschen in Beziehung stehen. Denn wenn sich ein geliebter Mensch zurückzieht, tut das weh. Es bleibt Irritation, vielleicht auch Ohnmacht. Und dann kommen die Fragen: War ich zu viel? Habe ich etwas falsch gemacht! Aber im Umgang mit Menschen mit tiefen Selbstzweifeln gibt es oft kein „richtiges“ Verhalten. Denn selbst aufrichtige Zuwendung kann als Zumutung empfunden werden. Und manchmal bleibt nur eins: Es sein lassen.

„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ – Da denke ich im ersten Moment an Einsatz für andere. An Engagement. An aktives Tun. Dieser Satz von Jesus hat aber auch eine andere Seite. Liebe heißt nicht nur kämpfen. Liebe heißt manchmal auch: den Kampf beenden. Nicht, weil einem der andere egal ist. Sondern weil man ihn achtet. Weil man spürt: Jetzt braucht es Raum. Rückzug. Freiheit.

Und das ist vielleicht das Schwerste überhaupt! Als Seelsorger versuche ich, beiden Seiten gerecht zu werden. Ich begleite die einen in ihrem Ringen um Selbstannahme. Und die anderen darin, den Schmerz des Loslassens zu verstehen und anzunehmen – ohne Bitterkeit. Ohne sich selbst aufzugeben. In Würde. Und mit Klarheit.

Aber: Diese Liebe bleibt ein Drahtseilakt. Denn ich weiß, wie schwer es ist: sich selbst zu lieben – und geliebte Menschen gehen zu lassen.

Ich grüße Sie aus Münster.

Ihr Stephan Orth.

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