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Kirche in WDR 4 | 19.07.2025 | 08:55 Uhr
Kinoverkündigung
Es klingt wie ein Kompliment. Aber darin versteckt sich auch ein Klischee:
„Das sind meine allerneusten. Kann es sein, dass wir uns schonmal begegnet sind? - Daran würde ich mich erinnern. Edward hatte absolut Recht: Die Engländerin kann malen.“
Lange galt auch in der Kunstwelt: Die Arbeit einer Frau ist so lange nichts wert, bis ein Mann sie empfiehlt. Auch davon handelt der Film „Leonora im Morgengrauen“, der seit dieser Woche im Kino läuft.
Als Frau wie als Künstlerin hat es die Britin Leonora Carrington schon in den 1930er Jahren nicht leicht. Und das gilt bis heute, wo ihr Name deutlich weniger bekannt ist als jene ihrer männlichen Zeitgenossen Salvador Dali oder Max Ernst. Dabei war sie eine der führenden Surrealistinnen und war etwa bei der legendären Internationalen Surrealistenausstellung 1938 in Paris dabei. Der Film zeigt: Carrington hat es deutlich schwerer als die Männer, an Talent fehlt es ihr aber nicht. Das wissen auch ihre Unterstützer, etwa nach dem Gespräch mit dem Galeristen gerade.
„Ich kann ihn nicht leiden. - War zu erwarten. Unbekannte talentierte Künstler wurden von ihm gekauft und manche wurden berühmt dadurch. Künstler brauchen das und darum kaufe ich deine Bilder. Denn du bist überwältigend, Leonora.“
Auch privat lebt Carrington unkoventionell. Etwa, wenn es um ihre Liebesbeziehung zum Künstler Max Ernst geht. Der ist noch verheiratet und seine Frau will ihn nicht gehen lassen möchte.
„Ich bin so froh, dass du dich entschlossen hast, hier einzuziehen. - Tja, weißt du, was mein Vater dazu sagt? Einen vermögenden Mann sollte ich heiraten, der den Rest meines Lebens für mich sorgt. - Ich kann aussehen wie ein reicher Mann. Das habe ich auch schon gemacht.“
Dabei stellt Leonora klar:
„Ich will nicht deine Frau
werden, ich will deine Liebhaberin sein.“
Der Aufstieg des Faschismus und der Zweite Weltkrieg sorgen dafür, dass sie immer wieder den Ort wechselt und schlussendlich in Mexiko landet. Das Land prägt auch ihre Kunst: Geister, Fabelwesen und Gruselgestalten bevölkern ihre Gemälde und Skulpturen, die voller Symbole sind und nicht selten direkt aus einem dunklen Traum zu kommen scheinen.
„In Mexiko verstecken wir die Toten nicht und verehren die heilige Mutter Guadaloupe.“
Sich selbst ausdrücken und verwirklichen, das eigene Empfinden, die eigenen Gedanken in Formen bannen und so den Menschen eine eigene neue Perspektive auf das eigene Leben wie auch auf unser Zusammenleben geben. Das alles trauen Menschen bis heute Frauen deutlich seltener zu als Männern. Vielmehr müssen sie mit Zweifeln leben, von anderen und sich selbst. Am historischen Beispiel zeigt der Film über Leonora Carrington sehr deutlich, was uns als Gesellschaft dadurch verloren geht. Aus bekannten Mustern ausbrechen, neue Wege finden, das ist auch heute wichtiger denn je. Dafür brauchen wir alle. Die Hälfte der Menschen dabei leichtfertig zu übergehen, können wir uns nicht leisten.