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Hörmal | 12.10.2025 | 07:45 Uhr
Choral und Karneval - und Gesine Schwan
Hach, auf heute hab‘ ich mich schon lange gefreut. Seit Frühjahr nämlich pflege ich eine kleine Emailfreundschaft mit Gesine Schwan. Sie wissen schon: Die Frau, die 2004 und 2009 Chancen hatte, unsere erste Bundespräsidentin zu werden. Gesine Schwan leitet die Grundwertekommission der SPD und ist hochverdient in der Deutsch-Polnischen Versöhnungsarbeit. Und über Versöhnung wird sie heute Abend auch predigen beim Festgottesdienst der Stadtpatrone von Köln. In der wunderschönen Basilika St. Gereon wird sie als SPD‘lerin predigen. Was ich nämlich vergessen habe, aufzuzählen: Gesine Schwan ist Katholikin. Und das ist für eine echte „Berliner Pflanze“ nicht so üblich wie hier im Rheinland. Sie, die sie übrigens Klassenkameradin war vom Liedermacher Reinhard Mey, hat den Glauben mitbekommen von ihrer Mutter Hilde. Ihr Vater, ein eher kirchenkritischer Kopf, wollte sie nicht taufen lassen. Als Erwachsene hat sie das dann aber gemacht: ganz bewusst.
In einem Interview hat sie mal gesagt: Der Glaube „gibt mir die Kraft, den Problemen unserer Welt ins Auge zu schauen und nicht an ihnen zu verzweifeln“[1]. Und das teile ich mit Gesine Schwan: Dass mein Glaube mich nicht einlullt, sondern hilft, die Welt zu sehen, wie sie ist – und eben nicht an ihr zu verzweifeln. Übrigens: Auch nicht an meiner Kirche. Also: heute Abend wird eine Berliner SPD-Frau in St. Gereon zu Kölner Katholiken predigen – natürlich auch zu Kölner Klerikern. Und das freut, dass das in Köln noch geht! Meine Kirche ist nicht so eng, wie manche glauben. Und natürlich wird auch ein kleiner Chor, eine Schola, gregorianische Gesänge singen – das klingt einfach wunderbar in dieser Kirche, die zu den ältesten im Rheinland gehört. Aber am Ende, nachdem wir mit einer Lichterprozession zur Kirche der Heiligen Ursula ziehen werden, wird auch ein Dudelsackspieler spielen – und zwar „Do bes die Stadt“: eine wunderbare Liebeserklärung an Köln. Und dann werden sicher nicht nur die Karnevalisten eine Träne verdrücken, die alljährlich in voller Montur mitfeiern.
Hach- und das ist für mich Gut-Katholisch-Sein auf Kölsch: Choral und Karneval. Predigt einer SPD-Frau und Prozession. Beten und Feiern – denn das passiert natürlich heute Abend auch, wenn nach dem Schlusssegen das Kölsch-Fass angezapft wird. Auf das Gemütliche freue ich mich natürlich auch. Aber auch auf noch etwas. Und das ist mir bei dieser Feier immer ganz wichtig: Wenn kurz vom Dudelsackspieler die großen Fürbitten für die Anliegen von Köln vorgetragen werden. Dann ist es immer muxmäuschenstill in der knallvollen Kirche: Denn dann geht‘s ums Wohl der Stadt. Und das finde ich besonders stark, dass noch heute Christenmenschen sich daran halten, was schon der Prophet Jeremia aufgetragen hat: „Suchet der Stadt Bestes (…) und betet für sie zum HERRN; denn wenn's ihr wohl geht, so geht's euch auch wohl.“ (Jer 29,7)
[1] https://promisglauben.de/gesine-schwan-im-alter-von-20-wurde-mir-klar-dass-ich-mich-als-glaeubige-christin-verstehe/