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Kirche in 1Live | 10.07.2025 | floatend Uhr
Vom Winde verweht
Ich erinnere mich an einen Besuch bei meiner Oma auf dem alten Bauernhof: Nach dem Mittagessen gehe ich raus, mache einen Spaziergang über die Felder hinterm Haus. Da fällt er mir auf: knallroter Mohn, der zwischen dem Weizen leuchtet. Die Blätter sind zerbrechlich und tanzen im Wind – sie verwehen fast, bevor man sie richtig sehen kann. Später gehe ich zurück ins Haus und entdecke ihn wieder: Mohn, den Oma an die Holztreppe gemalt hat. Ob sie ihn festhalten wollte? Bevor der Wind ihn verweht? Und dann erinnere ich mich, wie ich als Kind mit den Fingern über diese Blumen gefahren bin.
Mohn ist nur kurz da. Früher wusste man das. Er schmückte viele Erntedankfeste als ein Zeichen der Vergänglichkeit. Kornblumen, Wicken … Man hat mit dem Weizen und anderen Feldblumen einen Strauß gebastelt. Um sich dafür zu bedanken, dass uns für eine kurze Zeit so viel geschenkt wird. Die Dinge verschwinden oft schneller, als wir gucken können. Der Mohn erinnert mich daran, dass wir diese kurzen Momente schätzen sollten. Dass wir dankbar sein können. Für das, was uns kurz berührt, bevor es vom Wind verweht wird.
Sprecher: Jan Primke
Redaktion: Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel