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Kirche in WDR 2 | 15.08.2025 | 05:55 Uhr
Mariä Himmelfahrt
Was hat Martin Luther im katholischen Gebetbuch zu suchen? Ziemlich viel! Martin Luther hat 38 Kirchenlieder verfasst. Davon sind sechs Eins zu Eins im katholischen Gotteslob zu finden. Bei anderen Liedern heißt es "nach Martin Luther" oder er hat nur eine der Strophen gedichtet. Der Reformator ist also auch bei Katholiken sehr prominent vertreten.
Etwa mit dem Weihnachtslied "Vom Himmel hoch, da komm ich her". Oder der Klage "Aus tiefer Not schrei ich zu Dir, Herr Gott, erhör mein Rufen", oder aktuell, damals wie heute: "Verleih uns Frieden gnädiglich".
Martin Luther hat Augustinus zitiert: Wer singt, betet doppelt. Er nahm bekannte Melodien, hat sie mit neuen Texten versehen, und so die neue Lehre wirksam verbreitet. Das kam an, denn die Menschen liebten Volkslieder. Radio gab es ja noch nicht. Professor Wolfgang Bretschneider bringt es auf den Punkt: "Ohne Lieder würde unser Glaube schnell sang- und klanglos werden. Es gibt Texte, die man nicht sprechen, sondern nur singen kann".
Warum erzähle ich das heute, am Fest Mariä Himmelfahrt? Weil wohl nur wenige wissen, dass Luther ein großer Freund der Muttergottes war! Viele denken: die Heiligen und auch Maria sind etwas für katholische Christen, evangelische lehnen das ab. Richtig ist: Der Reformator war gegen eine übertriebene Verehrung.
Vielleicht gefällt Martin Luther sogar oben im Himmel das Fest Mariä Himmelfahrt. Denn es ist ja quasi demokratisch im Jahr 1950 vom Papst als Dogma verkündet worden. Warum demokratisch, oder synodal, wie es heute in der Kirche heißt? Weil am 1. Mai 1946, kurz nach dem schrecklichen Weltkrieg, Papst Pius XII. alle Bischöfe der Welt fragte: glauben die Menschen, dass die Königin des Friedens, Maria, die Muttergottes schon im Himmel ist; mit Leib und Seele, mit Haut und Haar? Da es damals weder Fax noch Internet gab, dauerte es etwas, bis die Antworten eingingen. Ergebnis: Ausnahmslos alle Bischöfe hatten gesagt: Wir glauben das. Und vor 75 Jahren war das auch ein weltweiter Friedensappell.
Und in Europa vielleicht noch mal besonders. 5 Jahre nach dem Dogma, also 1955, legten sich die Gründerväter Europas eine eigene Flagge zu. Die wenigsten wissen, dass die 12 Sterne auf blauem Grund von Darstellungen der Gottesmutter inspiriert worden sind. Maria trägt oft einen Sternenkranz und trägt eigentlich immer blau. Wie auch immer: In vierzehn Ländern Europas ist heute zu Ehren Marias arbeitsfreier Feiertag, sogar im laizistischen Frankreich. In Deutschland nur in katholischen Gegenden in Bayern und im Saarland.