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Kirche in WDR 3 | 08.07.2025 | 07:50 Uhr
Licht der Welt
Autor: Guten Morgen!
Im Lauf meines Lebens habe ich eine Menge Leute kennengelernt – und ich mache etwas, was wahrscheinlich jeder macht, auch wenn man es eigentlich nicht machen sollte: Ich packe die Leute in Schubladen. Die vier wichtigsten Schubladen heißen bei mir: freundlich, blöd, nützlich und wenig hilfreich. Zumeist finde ich die Menschen freundlich, die mir auch in irgendeiner Weise hilfreich entgegenkommen. Und diejenigen, die mir nur im Wege stehen, die finde ich anstrengend und dumm. Allerdings kommt es bei diesem Schubladenspiel immer wieder zu Verwirrungen oder sagen wir zu unerwarteten Varianten. Da sind die Leute, die ich zwar freundlich finde, aber die eigentlich nicht wirklich hilfreich sind, weil sie einfach nicht in die Pötte kommen – wie man bei uns zu sagen pflegt. Oder es gibt die, die ich eigentlich blöd finde, die nerven und irgendwie unangenehm wirken, die aber immer wieder die richtigen Fragen stellen und deswegen zwar anstrengend, aber ausgesprochen hilfreich sein können.
In einem seiner Gleichnisse untergräbt Jesus mein Schubladen–System und bringt mich auf eine andere Spur.
Sprecherin: Ihr seid das Licht der Welt. Es zündet niemand eine Lampe an und deckt sie dann mit einem Gefäß zu oder stellt sie unter ein Bett. Vielmehr stellt man sie auf einen Ständer. So können alle, die ins Haus kommen, das Licht sehen. (Lukas 8,16, Basis Bibel)
Autor: Die erste Irritation, die Jesus mit seinen Worten bei mir auslöst: Er sagt ganz schlicht „Ihr seid das Licht der Welt“. Und nicht, was man so oft hört: Du könntest ganz wichtig sein, eine echte Leuchte, wenn du dich nur etwas mehr anstrengst, wenn du alles rausholt, was in dir steckt. Das sagt er nicht! Er sagt zu allen, die um ihn herum stehen nur: Ihr seid das Licht der Welt. Also auch die Unsympathischen, die Anstrengenden und die wenig Hilfreichen – auch die werden von Jesus angeschaut und genauso angesprochen. Warum? Weil Jesus in ihnen etwas sieht, was ich offensichtlich bisher nicht wahrgenommen habe. Ein Licht, das allen zugutekommen wird. Solch ein Licht steckt in allen.
Die zweite Korrektur bekommt mein Schubladensystem, wenn Jesus die Menschen auffordert, mit ihrem Licht wirklich zu glänzen. Das ist schließlich die eigentliche Aufgabe vom Licht. Nur, warum ist das so schwer? Vielleicht hat man zu oft gehört: Das ist ganz nett, was du hier versuchst – aber bitte, lass das mal lieber die richtigen Leute machen. Und schon dämmert man in einer Ecke vor sich hin. Vielmehr höre ich in der Geschichte Jesu einen wichtigen Anstoß: Du, mit deinem Licht, du mit deiner besonderen Art, das Leben für andere heller zu machen, du gehörst nicht ins Abseits. Du gehörst in die Mitte. Dein Licht soll doch für alle, mit denen du es zu tun hast strahlen können.
Ich frage mich gerade: Habe ich mit meinen Schubladen den Leuten etwas übergestülpt, das sie am Leuchten hindert? Ich will heute mal schauen, ob ich das Licht bei den anderen entdecke und es zum Leuchten bringen kann.
(Ende WDR 4, Verabschiedung für WDR 3 und 5: )
Einen erhellenden Tag wünscht Ihnen Ihr Eberhard Helling, Pfarrer in Lübbecke.
(1) Die Andachten in dieser Woche sind inspiriert von Fabian Vogt, Das Bilderbuch Gottes – Wie die Gleichnisse Jesu uns das Leben vor Augen malen, Leipzig 2024, hier S. 45 ff: Vom Licht unterm Scheffel
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze