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Kirche in WDR 4 | 24.07.2025 | 08:55 Uhr
Weites Herz
Guten Morgen.
„Ich möchte gerne gesegnet werden.“ „Wofür?“, frage ich die Frau, die vor mir steht und irgendwie emotional wirkt. „Für Frieden in der Welt. Und dass ich die Hoffnung nicht verliere.“
Wir setzen uns, und sie erzählt. Es braucht gar keine vielen Fragen von meiner Seite, es sprudelt ihr regelrecht aus der Seele. Ihr Herz ist weit offen, sie würde am liebsten die Welt heilen, alle Menschen mit ihrer Liebe überschütten. Es fällt ihr sichtlich schwer zu verstehen, dass Menschen sich streiten wollen, dass sie Kriege wollen, dass sie Hass säen wollen.
Ich bin beeindruckt von ihrer liebevollen Art, wie sie über alle Menschen denkt. Von ihrer Energie, dass sie ganz viel Liebe verschenken möchte. Von ihrer Vision, dass die Welt ein bisschen heller wird. Von ihrer Geschichte, die sie nach und nach erzählt.
Sie kommt aus dem Iran und ist muslimisch geprägt groß geworden. Früh heiraten wollte sie nicht und suchte Wege, um eine Ehe möglichst spät und möglichst selbstbestimmt einzugehen. Sie hat es geschafft, hat Menschen kennen gelernt, die sie begleitet haben. Sie hat in Indien studiert und eine Tochter bekommen, irgendwann sind sie nach Deutschland gezogen. „Ich möchte, dass meine Tochter das Leben führen kann, das sie sich wünscht“, sagt sie. Ihre Liebe zur Tochter erfüllt den ganzen Raum.
Ich kann mir vorstellen, dass es manche Punkte in ihrem Leben gab, die ganz und gar nicht leicht waren. Manches davon deutet sie an. Aber sie bekommen keinen Schwerpunkt. Als ob sie nicht zu viel Raum einnehmen sollen, die schweren Punkte.
Aber die Liebe, die Herzlichkeit, die tiefe Sehnsucht nach Frieden, die bekommen viel Raum in ihren Worten und in ihren Gesten.
Eine Woche später treffen wir uns in der Kirche. Wir zünden gemeinsam Kerzen an und sitzen vor dem Altar. Wir reden über den Islam, den Buddhismus, über das Christentum. Lange reden wir über Jesus und die Geschichten, die über ihn in der Bibel stehen. Sie fühlt da eine Nähe, erzählt sie mir. Die Geschichten berühren sie, weil es viel um Frieden geht und wie wir Menschen miteinander gut umgehen können.
Wir reden auch über ein paar Frauen im Iran, die sie kennt. „Als ich nach Deutschland gekommen bin, habe ich mich so frei gefühlt. Auf einmal hat sich niemand dafür interessiert, wie ich mich kleide oder welchen Beruf ich ausüben möchte. Das ist für mich Freiheit!“ Dass ich als Pfarrerin arbeiten kann, berührt sie so sehr, dass sie Tränen in den Augen hat.
Wir beten zusammen für Frieden in der Welt, dass die Kriege aufhören, dass die Liebe stärker ist und das Licht über die Dunkelheit siegt. Am Ende segne ich sie. Damit sie ihre Hoffnung nicht verliert und damit sie andere Menschen mit ihrer liebevollen Haltung berührt.
Für mich ist sie ein Segen für uns alle, denke ich, als wir uns verabschieden. Ihre Sehnsucht nach Frieden ist auch für mich ein Licht in unserer Welt. Damit wir unserer Hoffnung viel Raum geben.
Liebe Grüße aus Köln, Ihre Pfarrerin Inga Waschke.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
