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Kirche in WDR 3 | 04.09.2025 | 07:50 Uhr
Pubertät
Guten Morgen.
Wenn ich mich auf eins verlassen kann, dann: die Pubertät. Es ist eigentlich immer gleich:
Jedes Jahr habe ich einen neuen Jahrgang mit Konfirmandinnen und Konfirmanden, also Jugendliche von zwölf bis vierzehn, und jedes Jahr ist das anders, und doch immer gleich.
Vorneweg: Es ist mir völlig klar, dass junge Menschen in dem Alter ganz andere Gedanken und Probleme haben als das, was ich da mit ihnen besprechen will. Da kann ich noch so tolle pädagogische Brücken schlagen. Ich versuche ja, den Glauben mit ihrer Welt zusammen zu bringen. Meine Botschaft ist: Gott liebt Dich. Aber ihre Frage ist: Liebt der sweete Boy aus meiner Klasse mich.
Es geht ja bei der Konfirmation schließlich um das Fest der Religionsmündigkeit. Ein Fest, dass man ernst genommen wird, in dem, was man glaubt und entscheidet.
Auf der anderen Seite darf man natürlich auch nicht vergessen, dass das Gehirn in der Pubertät komplett umgebaut wird. Als meine Kinder vierzehn waren, träumte ich laut von einem Urlaub in Südafrika. Safari mit den so genannten „big 5“ – Löwen, Leoparden, Nashörner, Elefanten, Afrikanische Büffel -, Johannesburg, Kapstadt, Strände am Indischen Ozean. Meine Tochter meinte, das wäre ihr zu langweilig. Das war eine Meinung aus einer anderen Welt für mich. Das war eine Meinung, die ich nicht nachvollziehen kann als Erwachsener.
Das darf aber nicht dazu führen, dass man die Jugendlichen überhaupt nicht mehr ernst nimmt. In der Bibel gibt es einen für mich sehr wichtigen Text zum Thema. Da schreibt einer an einen Mann namens Timotheus: „Niemand verachte dich wegen deiner Jugend; sei den Gläubigen ein Vorbild im Wort, im Wandel, in der Liebe, im Glauben, in der Reinheit.“
Timotheus ist in Ephesus eine Art Pastor, leitet die Gemeinde. Und offenbar sind da welche, die sagen „den kann man nicht ernst nehmen, der ist zu jung.“ Anlass hat er dazu offenbar nicht gegeben, jedenfalls wird nichts berichtet. Der Rat ist: Sei weiterhin ein Vorbild, auch wenn man dich für zu jung hält.
Dass Jugendliche für Erwachsene
ein Vorbild sein können und sollen, das muss man immer mal wieder gesagt bekommen.
Ihre Fragen, ihre Antworten sind wertvoll, davon kann man lernen.
Das erlebe ich auch seit 25 Jahren im Konfiunterricht: dass ich da was
lernen durfte über die wirklich wichtigen Fragen im Leben. Einmal, in einem
meiner ersten Konfijahrgänge, habe ich gewagt zu sagen: „Naja, die Frage über
Leben und Tod, die ist ja in eurem Alter sicher noch nicht so wichtig“. Woraufhin
ein Mädchen sagte: „Wieso? Mit acht Jahren hatte ich Leukämie. Und ich habe
meinen Eltern immer gesagt: `Weint nicht, ich werde gesund!`. Und jetzt sitze
ich hier.“
Sprachlosigkeit bei der Gruppe und beim hochnäsigen Herrn Pfarrer.
Dieses Mädchen war schon lange vor ihrer Pubertät ein Vorbild in Glauben und Hoffnung gewesen. Sie hatte als Kind etwas durchgemacht, das ich noch nicht kennen gelernt habe in meinem Leben. Ich konnte nur lernen von ihr.
Seit der Antwort des Mädchens, das die Leukämie überwunden hat, lesen wir bei der Konfirmation immer diesen Text aus dem Brief an den jungen Pastor Timotheus: „Niemand verachte dich wegen deiner Jugend.“ Denn: ernstzunehmende Lebens- und Glaubensfragen und Themen – die haben wir alle.
Es grüßt Sie, Pfarrer Klaus Künhaupt aus Essen.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze