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Kirche in WDR 5 | 01.09.2025 | 06:55 Uhr
Antikriegstag
Guten Morgen.
Heute ist Antikriegstag. Der 1. September als Tag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs wurde ganz bewusst genommen, um diesen einen Satz zu wiederholen: „Nie wieder Krieg“.
Nie wieder Krieg, irgendwie sind wir davon abgekommen. Wir sind gerade dabei, uns wieder daran zu gewöhnen, dass es eben Kriege gibt.
Der lange Krieg zwischen Russland und der Ukraine. „Passiert wohl schon mal, dass ein mächtiger Staat seinen schwächeren Nachbarn überfällt. Muss man auch verstehen, hat seine Vorgeschichte“, das höre ich immer öfter. Nein. Darf ich erinnern? Nie wieder Krieg, das haben gerade Russen, Ukrainer und Deutsche gemeinsam aus dem Wahnsinn des zweiten Weltkriegs gelernt. Nie wieder Krieg, das heißt ganz einfach: Man überfällt sein Nachbarland nicht.
Da war ein schrecklicher, durch nichts zu entschuldigender Terrorangriff der Hamas auf Israel. Und natürlich haben sie das Recht, sich zu verteidigen. Aber ist das wirklich hinzunehmen, dass der ganze Gazastreifen dem Erdboden gleichgemacht wird?
Immer mehr Konflikte werden militärisch ausgetragen. Ich sehe die Bilder von Menschen, die in panischer Angst aus den Städten fliehen. Menschen wie du und ich, Väter, Großmütter, Kinder, die um ihr Leben bangen, weil Bomben fallen.
Jahr um Jahr um Jahr. Gerade erst zur Ruhe gekommen, flammen Konflikte und Kriege neu auf. Und so geht es immer weiter. Das darf doch nicht normal sein.
Ich sehe ja, dass ein Land verteidigungsfähig sein muss, wenn es einen aggressiven Nachbarn hat. Ich sehe ja, dass man nicht eine Armee mit 90% flugunfähigen Helikoptern haben kann.
Aber ich höre trotzdem nicht auf, von einem Traum zu reden: Nämlich dass wir doch dahin kommen, diese Milliarden und Milliarden, die jetzt plötzlich für Waffen da sind, in Schulen, Brücken und Kindergärten zu stecken. Ich höre nicht auf davon zu reden, dass es wunderschön wäre, wenn die Aktienkurse von Spielgerätefirmen und Bildungsanbietern so in die Höhe gehen würden wie jetzt die Aktien der Rüstungskonzerne. Ich nehme mir am Antikriegstag 2025 die Freiheit, von einer Welt zu träumen, in der der Feind nicht das Nachbarvolk ist, sondern Aids, Krebs, Malaria, gegen die wir alle zusammen Sieger bleiben. Ich träume von einem nie dagewesenen Wettrüsten gegen den Hunger. Ich höre nicht auf davon zu träumen, dass eines Tages alle Menschen einsehen werden, dass es purer Wahnsinn ist, Milliarden und Milliarden in Geräte zu stecken, die - wenn es gut läuft - für immer in den Kasernen bleiben. Die - wenn wir Glück haben - totes Kapital sind.
Ich höre nicht auf, davon zu träumen, dass eines Tages am Antikriegstag alle Menschen zusammen sagen werden: Seit so vielen Jahrzehnten gab es keine Kriege mehr. Wir haben es geschafft: Nie wieder Krieg ist keine Forderung mehr, sondern eine Feststellung. Und was haben wir seitdem alles erreicht.
Es grüßt Sie, Pfarrer Klaus Künhaupt aus Essen.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze