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Kirche in WDR 3 | 14.08.2025 | 07:50 Uhr
Homo homini
Guten Morgen! Ich werde diesen Moment nie vergessen: 1979 habe ich als junger Mensch das Konzentrationslager Auschwitz besucht. Wir wurden auch in den Todesblock geführt und standen vor der Erschießungswand, vor der so unzählig viele Menschen ihr Leben gelassen haben. Direkt daneben war der so genannte „Hungerbunker“. Genau da war eine Tafel angebracht, die nur zwei lateinische Worte zeigte: „Homo homini“. Das bedeutet übersetzt: „Der Mensch ist des Menschen…“
Ich weiß nicht, wann
diese Tafel in Ausschwitz angebracht wurde. Aber mir kam sofort das Sprichwort
aus dem antiken Rom in den Sinn: „Homo homini lupus est“ – „Der Mensch
ist des Menschen Wolf“. Wo, wenn nicht in Auschwitz bestätigt sich dieses Wort in grausamer
Weise?
Aber: Die Worte auf der Tafel lassen eine Deutung offen – Denn: „Homo homini“
könnte auch anders ergänzt werden. Z.B:. „Der Mensch ist dem Menschen ein
Helfer, ein Engel…“ In der Nähe dieser
Tafel hat der Franziskanerpater Maximilian Kolbe 1941 sein Leben gelassen. Sein
Gedenktag ist heute. Wie viele Intellektuelle, Professoren, Lehrer und Priester
aus Polen wurde er in das Konzentrationslager Auschwitz eingeliefert. Dort
erfuhr er am eigenen Leibe die Grausamkeiten eines unmenschlichen Regimes. Für
die Nazis war Pater Kolbe kein Mensch mehr, sondern ein Subjekt mit
eintätowierter Nummer. Überlebende bezeugen, dass Maximilian Kolbe trotzdem
versucht hat, anderen Menschen ein Engel zu sein. Er hat versucht, die Liebe
Gottes durch das eigene Tun zu Menschen zu tragen.
Als nach der gelungenen Flucht einiger Gefangenen aus dem KZ die Häftlinge antreten mussten, schritt auf dem Appellplatz der Kommandeur an ihnen entlang. Er nennt jeweils Nummern. Die Aufgerufenen müssen vortreten. Sie wissen, was nun folgt: der qualvolle Tod im Hungerbunker. Als ein junger Familienvater aufgerufen wird, schreit dieser auf, weint und beklagte, dass er sein neugeborenes Kind nie wieder sehen würde. Da tritt Maximilian Kolbe vor und bittet, für diesen Menschen in den Tod gehen zu dürfen. „Ich bin katholischer Priester und habe keine Familie. Ich bin bereit, für diesen hier zu sterben.“ Maximilian Kolbe kommt also mit den übrigen Gefangenen in den Hungerbunker. Auch dort spricht er den Gefangenen Trost zu. Als man nach 14 Tagen die Türen öffnete, sind bis auf ihn alle umgekommen. Die Nazi-Schergen töten ihn daraufhin mit einer Phenolspritze.
„Homo homini“, „der Mensch ist des Menschen“ – ja, was? In diesem Fall wurde einer für den anderen zum tröstenden Engel.
Es gibt immer wieder Menschen, die aus ihrem Glauben alles für andere einsetzen – sogar das eigene Leben. Das darf nicht vergessen werden. Ebenso wie Grauen.
„Vergesst nicht, wozu Menschen fähig sind! Vergesst nie, was sie auch heute noch anderen Menschen antun und wehrt euch, dass so etwas nie wieder geschieht.“ Die verstorbene KZ-Überlebende Margot Friedländer wurde nicht müde, immer wieder den Satz in den Mund zu nehmen, der ihr zum Lebensprinzip geworden war: „Seid Menschen! Seid Menschen!“Maximilian Kolbe und andere haben bezeugt, wie das gelebt werden kann. Gerade in unserer Zeit ist diese Botschaft so wichtig: „Homo homini“ - der Mensch kann des Menschen Wolf sein, aber auch Engel und darum: „Seid Menschen!“
Aus Paderborn grüßt Sie Weihbischof Matthias König.