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Kirche in WDR 3 | 12.08.2025 | 07:50 Uhr
Von den Kleinen
Guten Morgen.
Herrlich – sechs Wochen Ferien! Was war
das für eine tolle Zeit. Ganz ohne Zwänge, reinkommen erst, wenn die
Straßenlaternen angehen. Und lange schlafen – um dann wieder in neue Abenteuer
aufzubrechen. Wir sind mittendrin in dieser
„herrlichen Zeit“, die hunderttausende Schülerinnen und Schüler gerade
genießen. Die sich in dieser Zeit frei von allen Zwängen einfach einmal
austoben und auch ausprobieren können. Und doch taucht am Horizont schon wieder
die Schule auf. Ein System, das zunehmend in die Kritik gerät. Die Kritik wird
immer fundamentaler am Schulsystem an sich, das letztlich aus dem 18.
Jahrhundert stammt und immer weiter abwirtschaftet (so legen es zahlreiche
Studien und Statistiken mehr als nahe. Und da fiel mir letztens erst wieder ein
Tonschnipsel von Harald Lesch in die Finger. Der Astrophysiker und
Wissenschaftsjournalist beklagt, dass immer häufiger der Kunst-Unterricht
ausfällt, Sport und Musik auch.
Lesch findet: ein Skandal! Dass die in den
Schulen gemeint wird: Musik, Kunst und Sport? Braucht man nicht wirklich.
– Viel wichtiger seien doch die Fächer, in
denen man richtig etwas leisten müsse. Mathematik, Physik, Biologie… sagt der
Naturwissenschaftler um gleich in der ihm eigenen Deutlichkeit und Schärfe
genau das zu widerlegen: „Das Gegenteil ist der Fall!“ Sport, Kunst und Musik –
das seien die eigentlich wichtigen Fächer. Niemals dürften die ausfallen - aus
welchem Grund auch immer. Kinder würden nur so in die Lage versetzt, in ihrem
künftigen Leben die Fragen zu stellen, die wir uns heute noch nicht einmal
vorstellen können. Und dann holt Harald Lesch auch gegen die eigene Zunft aus:
„Und was machen wir? Wir kerkern diese Kinder mit den vermeintlich wichtigen
Schulfächern in den Regeln und Formeln ein, die wir selbst schon nicht mochten
und mit denen die allermeisten von uns schon damals nichts anzufangen wussten!“
Stures Pauken – manchmal mehr als sinnfrei. Nichts mit Kreativität, die
eigentlich angesichts der Herausforderungen in der Zukunft so lebensnotwendig
wäre.
Ja – ich höre sie schon wieder rufen: „Das Leben ist kein Wunschkonzert! Da mussten wir auch durch. Und es hat uns nichts geschadet!“ – Und doch: hat es uns denn wirklich weitergebracht? Wo stehen wir denn heute? Ich möchte heute, am Welttag der Jugend, an einen kleinen Bibeltext erinnern, der heute in den Kirchen beim Gottesdienst zu hören ist: „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.“ Mahnt Jesus seine Freundinnen und Freunde. Und setzt noch einen drauf: „Hütet euch davor, einen von diesen Kleinen zu verachten!“
Es wäre doch schade, wenn wir unser Kindsein, unser Jungsein einfach vergäßen. Oder wenn wir aus unseren Schülerinnen und Schülern Lernmaschinen zu machen versuchten. Indem ich mich an meine eigene Kinder- und Jugendzeit erinnere, tauchen diese Bilder wieder auf von Freiheit, Unbefangenheit und damit verbunden fast grenzenloser Kreativität. Eine gute Hausaufgabe für uns Ältere, in diesem Sinne für unsere Kinder und Jugendlichen zu wirken und uns für sie einzusetzen. Für unser aller Zukunft.
Gönnen Sie sich doch heute einen voll kreativen Ferientag. Auch wenn er erst nach Feierabend beginnt.
Ihr Ulrich Clancett aus Jüchen