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Kirche in WDR 3 | 16.09.2025 | 07:50 Uhr
Lass’ dich nicht unterkriegen
Guten Morgen.
Was habe ich nicht schon alles ausprobiert?
Die „Wall-Pilates-Challenge“ für einen definierten und durchtrainierten Bauch – ganz einfach zu Hause an einer freien Wand. Oder all die Kosmetikprodukte… für makellose Haut. Damit ich endlich ein „Clean-Girl“ werde. Tja – probiert habe ich einiges. Aber das bin ich alles nicht. Mein Bauch ist rund. Meine Haare sind zu dünn und zu wild für irgendwelche perfekten Locken. Und ich habe Sommersprossen. Und Sport mache ich auch lieber draußen oder in der Kletterhalle als an der Wand im Wohnzimmer. Und doch schleicht sich manchmal der Gedanke ein: Eigentlich müsste ich so sein, so aussehen, so leben wie die jungen Frauen in den Social-Media-Kanälen. Das macht Druck. Und das geht nicht nur mir so. Manchmal braucht es dann für ein leichteres Gefühl ganz einfache Sätze, die mich mitten ins Herz treffen. Einer davon lautet: „Gott, ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin.“
Dieser Satz stammt aus einem alten Lied der Bibel – einem Psalm (Die Bibel, Psalm 139,14). Und er erinnert mich daran, was ich im Alltag oft vergesse: Ich bin kein Zufall. Ich bin mehr als das, was andere in mir sehen oder von mir erwarten. Ich bin – mit allem, was zu mir gehört – wertvoll. Mit meiner Mischhaut, mit den Dellen und Pölsterchen am Körper. Mit meinen Ideen und meinem Lächeln. Mit meinen Erfahrungen, mit dem was ich kann und sogar mit meinen Fehlentscheidungen. Mit dem, was ich liebe – und auch mit dem, was ich vermisse. Vielleicht klingt das groß, vielleicht auch ein bisschen idealistisch. Natürlich kann und soll ich an mir arbeiten – an meiner Gesundheit, an meinen Entscheidungen, an meinem Verhalten. Aber nicht, um anderen zu gefallen. Sondern, damit ich mich selbst im Spiegel anschauen kann. Damit ich andere nicht mit Worten oder Taten verletze. Doch mittendrin tut es gut, sich immer wieder daran zu erinnern: Ich muss nicht perfekt sein. Ich muss nicht erst etwas leisten, um wertvoll zu sein. Ich darf müde, leise oder unsicher sein – und bin trotzdem, oder gerade deshalb: wunderbar gemacht.
Was wäre, wenn ich mir das öfter sagen würde? Nicht als Floskel, sondern als echte Ermutigung für mich selbst. Was, wenn ich mich weniger mit anderen vergleiche und mir selbst mehr vertraue? Wenn ich der kritischen Stimme in meinem Kopf endlich etwas entgegensetze? Vielleicht ist genau das eine stille Form von Frech-Sein.
Eine Haltung, die dem Algorithmus meiner Social-Media-Seiten widerspricht – und auch im echten Leben sagt: „Ich muss mich nicht verbiegen. Ich darf echt sein. Ich bin wunderbar. Und mein Gegenüber ist es auch – mit einer anderen Geschichte, mit einer anderen Begabung, mit einer anderen Meinung.“
Diese Haltung wünsche ich mir. Und vielleicht beginnt sie ganz schlicht – ohne Blick aufs Handy, mit einem Lächeln auf den Lippen und diesen großartigen Sätzen: Gott hat mich wunderbar gemacht. Gott kennt mich. Gott liebt mich. Gott begleitet mich.
Einen entspannten Tag wünscht Ihnen, Ihre Pfarrerin Veronika Grüber aus Bad Salzuflen.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze