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Kirche in WDR 3 | 16.07.2025 | 07:50 Uhr

Den Spiegel vorhalten

Fast schon vergessen, der große deutsche Schriftsteller: Heinrich Böll. Heute vor 40 Jahren ist er gestorben, dabei ist er Literaturnobelpreisträger, einer von bisher nur 13 deutschsprachigen und der erste katholische. Warum ich gerade das erwähne? Heinrich Böll hat nicht nur der deutschen Nachkriegsgesellschaft einen Spiegel vorgehalten, sondern auch der katholischen Kirche. Am markantesten tat er das in seinem Roman: „Ansichten eines Clowns“. Und natürlich: das Attribut des Clowns ist der Spiegel, den er anderen vorhält. Der Roman erschien 1963 und wurde – wie konnte es anders sein – kritisiert, vor allem aus kirchlichen Kreisen. Damals warfen die Bischöfe Heinrich Böll unter anderem vor, „zersetzende Kritik“ und eine „eigentümliche Neigung zu Pessimismus“ zu verbreiten.[1] Damit verband sich die Sorge, der Roman könne in die Hände von jungen Erwachsenen geraten. Kurios nur: Schon bald wurde „Ansichten eines Clowns“ sogar als Schullektüre empfohlen. Aber worum geht es in dem Roman konkret? Da lebt der Clown Hans Schnier jahrelang in wilder Ehe mit einer jungen Frau zusammen, Marie. Die ist katholisch, er kommt dagegen aus einer evangelischen Familie, ist aber ungläubig. Marie trennt sich schließlich von ihm, um einen anderen Katholiken zu heiraten, das schickte sich damals besser.

Heute kaum noch denkbar, dass das damals noch Thema war für einen Roman-Konflikt. Aber deswegen ist der Roman nicht „von gestern“. Bemerkenswert: Hans Schnier ist ein Idealist und Rebell. Er wird sogar von einem katholischen Prälaten im Roman als „ein unschuldiger Mensch“ bezeichnet. Und so fühlt sich Schnier auch ohne Trauschein mit Marie lebenslang verbunden. Marie ist daher eigentlich diejenige, die gegen die Konventionen ihrer eigenen Kirche verstößt, nicht er. Die Liebe der beiden scheitert letztlich an der Gnadenlosigkeit der Kirchenvertreter, die sich doch gerade die Gnade auf die Fahnen geschrieben haben. Es ist eine Doppelmoral die Schnier hier kritisiert. Heinrich Böll schafft mit der Romanfigur des Clowns Hans Schnier einen Beobachter, der von außen auf die Gesellschaft schaut und vor allem auf die Kirche. Er hält ihr den Spiegel vor. Dieser Blick von außen sieht mehr als die Betroffenen selbst, die im System stecken, „systemblind“ sind – wie es so schön heißt. Darauf weist jedenfalls ein Zitat hin, das Böll seinem Roman voranstellt und das er für einen „Schlüssel“[2] ansieht, um ihn besser zu verstehen. Das Zitat stammt aus dem Neuen Testament und lautet (Röm 15,21): „Sehen werden die, denen nichts über ihn (also Jesus) verkündet wurde, und die werden verstehen, die nichts gehört haben.“

Ich verstehe Bölls Anliegen so: Schau auf die Menschen, die Gesellschaft, auch auf die Kirche immer wieder unvoreingenommen, und du wirst sie neu und anders wahrnehmen. Und wenn Dir selbst dieser unvoreingenommene Blick nicht gelingt, dann lass Dir von anderen einen Spiegel vorhalten, die eben von außen und unvoreingenommen schauen.

Gerade in den hitzigen Debatten dieser Tage, um Richterberufungen in Karlsruhe, bin ich froh über jeden Menschen, der noch bereit ist, sich von außen den Spiegel vorhalten zu lassen.

Die Weisheit, die Heinrich Böll da vermitteln wollte, ist immer noch gültig, auch 40 Jahre nach seinem Tod.

Aus Duisburg grüßt Sie Pater Philipp Reichling.

[1] Vgl.: https://www.boell.de/de/ueber-den-roman-ansichten-eines-clowns . [2] Heinrich Böll, Nachwort 1985 zu ‚Ansichten eines Clowns“, dtv, 65. Auflage 2022, S. 277.

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