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Kirche in WDR 2 | 04.10.2025 | 05:55 Uhr
Bestimmer
Mit voller Wucht hat meine Tochter mir ihre Zimmertür vor der Nase zugeknallt. Ich stehe noch unentschlossen vor der geschlossenen Tür, als die Zehnjährige sie wieder einen Spalt breit öffnet und mir entgegenschleudert: „Damit du es nur weißt: Du bist hier gar nicht die Bestimmerin! Gott ist der Bestimmer!“
Bäm! Ich bin sprachlos! Und ehe ich mich versehe, ist die Kinderzimmertür auch schon wieder zu. Und ich stehe alleine im Flur.
Diese kleine Episode aus unserem Familienalltag ist ein paar Wochen her. Trotzdem muss ich immer wieder daran zurückdenken. Wie in vielen anderen Familien gibt es auch bei uns immer wieder Ärger und Streit im Blick auf Regeln und Vereinbarungen. Wann ist Bettruhe? Wieviel Eis am Tag ist erlaubt? Wieviel Digitalzeit steht jedem Kind zu? Letztlich: Wer ist der Bestimmer?
Es ist anstrengend, diese Regeln und Vereinbarungen immer wieder neu auszuhandeln, auf Augenhöhe zu bleiben und doch mit einer gewissen Konsequenz für einen geregelten Familienalltag zu sorgen.
Aber wie ist das mit Gott in meinem Leben? Ist er der Bestimmer? Wie sehen seine Regeln für mein Leben aus? Was würde er zur Digitalzeit unserer Kinder sagen?
In der Bibel gibt es viele Geschichten von Ärger und Streit. Oft geht es darum, dass die Menschen vergessen haben, was ihr Leben bestimmen und regeln soll. Im Buch Micha traut sich einer zu fragen: „Wie sollen wir denn jetzt leben, Gott? Was ist wichtig?
Gott antwortet: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was Gott von dir erwartet: Gerechtigkeit tun, Nachsicht mit anderen haben und mit deinem Gott mitgehen.“
Mir wird klar: Gott ist nicht der Bestimmertyp, der Freude an Regeln und Gesetzen hat. Gott will, dass es uns gut geht. Er will unser Bestes!
Und das Beste ist: Gerecht sein, nachsichtig mit anderen und im Gespräch mit Gott bleiben. Ich ahne: Das ist an manchen Tagen einfacher gesagt als getan. Aber ich nehme mir vor:
Wenn mir das nächste Mal jemand eine Tür vor der Nase zuknallt – im Job, beim Arzt oder bei uns zu Hause – klopfe ich an und sage: „Ich würde gerne im Gespräch bleiben. Gibt es etwas, was wir neu verhandeln können?
Mit der Nachsicht wird es schwierig werden. Das ist einfach nicht so mein Ding. Aber ich kann es üben. Und fange direkt bei mir selbst an. Das ist bestimmt in Gottes Sinn.
Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius