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Kirche in 1Live | 25.07.2025 | floatend Uhr
Waschbeckenspiritualität
Es gibt diese Waschbecken auf öffentlichen Toiletten, bei denen man die Hände genau richtig halten muss, damit der Sensor anspringt. Und ich stehe immer wieder davor und mache irgendwie alles falsch. Ich mache kleine Kreise, wedele vor diesem Infrarot-Auge hin und her, halte die Hände zu tief, zu hoch – nichts. Nebenan läuft’s sofort, und ich bin mir unsicher: Bin ich zu doof dafür, oder ist das Teil kaputt? Irgendwann passiert es dann doch. Auf einmal fließt Wasser. Und ich weiß beim besten Willen nicht, was jetzt anders war als vorher. Aber vielleicht ist das auch nicht das Entscheidende. Hauptsache, es läuft.
Manchmal fühlt sich Beten genauso an: Man versucht’s. Formuliert Sätze, schweigt, schaut in den Himmel, hört Musik, zündet eine Kerze an, denkt an irgendwen, sagt innerlich vielleicht sowas wie „Bitte“ oder „Danke“ oder einfach nur „Hallo…?“. Und oft passiert gar nichts. Keine Stimme, kein Lichtstrahl, kein heiliges Glühen. Aber dann, manchmal – mitten im Alltag – fließt plötzlich was. Ruhe. Klarheit. Trost. Oder einfach das Gefühl: Ich bin nicht allein.
In der Bibel steht: „Wir wissen nicht, wie wir beten sollen.“ Das finde ich manchmal anstrengend, und manchmal beruhigend. Denn: Es geht nicht um Technik. Nicht um das perfekte Gebet. Es geht darum, die Hände hinzuhalten. Immer wieder. Vielleicht sogar am Waschbecken. Und irgendwann läuft was.
Sprecherin: Lisa Kielbassa
Redaktion: Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel