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Sonntagskirche | 05.10.2025 | 08:55 Uhr
Das Kreuzzeichen
Guten Morgen,
ich weiß nicht, wie Sie das sehen, aber ich hab` den Eindruck, beten vor dem Essen ist ein bisschen aus der Mode gekommen. Kennen Sie jemanden, der betet vor dem Essen? Oder – sind Sie vielleicht selbst so jemand? Manche neigen still den Kopf, einige machen das Kreuzzeichen. Allemal ist das etwas sehr Schönes – ich halte nochmal bewusst kurz inne und sag danke für das, was da auf dem Teller liegt.
Heute ist Erntedank. Das Fest in der Kirche, das den Blick auf den Teller richtet und dann zum Himmel und dann sagt: Danke. Käse, Schinken, Salami. Gemüseaufstrich, Milch. Brötchen, Joghurt, Apfel. Danke.
Mir ist in diesem Jahr etwas aufgefallen. Und zwar, dass Erntedank und der Welttierschutztag ganz nah zusammen liegen. Immer. Erntedank feiern wir immer am ersten Sonntag im Oktober und der Welttierschutztag ist immer am 4. Oktober. Dieses Jahr also gestern und heute, diese beiden besonderen Tage.
Find ich gut. Denn beides passt richtig gut zusammen und sollte eigentlich auch zusammen gedacht werden.
Erntedank erinnert mich daran: Ich lebe nicht aus mir selbst. Das, was auf meinem Teller liegt, ist Geschenk. Ist nicht selbstverständlich. Ist mir gegeben. Von der Erde, von der Sonne, vom Regen – und eben auch von den Tieren. Kühe geben Milch, Bienen bestäuben die Blüten, Hühner legen Eier. Und schließlich werden Tiere selber ja auch gegessen.
Für mich ist die Erkenntnis wichtig, dass Erntedank und Tierschutztag so verbunden sind. Im Grunde gehören sie zusammen, gerade heute, in Zeiten von Massentierhaltung und industrieller Nahrungsverarbeitung. Erntedank und Tierschutz fragen beide: Wofür genau sage ich da eigentlich danke? Passt mein Dankgebet zu meinem Essen? Passt das Kreuzzeichen zu dem, was auf dem Teller liegt? Wie ging es denn den Tieren? Hatten die Kühe genügend Platz? Hatten die Hühner eine Chance auf ein artgerechtes Leben? Wie viele Bienen sterben, weil wir Gift spritzen?
Ich lese in der Bibel gleich am Anfang, dass Gott den Menschen die Verantwortung für die gesamte Schöpfung überträgt. Gott sagt da: „Macht euch die Erde untertan.“ Und das heißt nicht: Ausbeuten. Sondern: Hüten und Bewahren. Denn Pflanzen und Tiere sind Mitgeschöpfe – nicht Mittel zum Zweck.
Mir gefällt die Verbindung von Erntedank und Welttierschutztag: Dankbar feiern – und dabei Verantwortung übernehmen. Für die Erde, die Pflanzen, die Tiere. Und darüber das Kreuzzeichen machen.
Ich wünsch` Ihnen einen gesegneten Sonntagmorgen!
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze