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Kirche in WDR 2 | 29.10.2025 | 05:55 Uhr
Demut
Die Sache mit der Demut.
Nein, nicht abschalten jetzt. Geben Sie mir noch einen Moment.
Ich weiß, das Wort Demut geht gar nicht. Es wird leider oft missbraucht, falsch verstanden, gedemütigt. Entweder taucht es auf im Zusammenhang mit einer Frömmigkeit, die Vertrauen mit Gehorsam verwechselt. Oder im Sinne von: Stell´ dich nicht so an;
gemeint ist: Sei ein bisschen demütiger.
Beides schlecht. Untauglich für einen Glauben, der das Leben feiert, weil der Tod überwunden worden ist.
Zu steil? Kleiner geht´s nicht. Es geht - wie immer – um das Leben vor dem Tod, weil das Leben nach dem Tod versprochen ist, am Ende aller Tage, wenn - wie es in dieser schönen alten Formulierung heiß: Gott sein wird Alles in Allem.
Also Leben vor dem Tod. Jetzt. Im Auto. Bei der Arbeit. Beim Kaffee. Jetzt.
Und Demut, demütig sein, ist dabei sehr, sehr hilfreich.
Weil es schlicht im Alltag nichts anders bedeutet, als zu akzeptieren, dass ich nicht Gott bin.
Zu akzeptieren, dass es Dinge - und vor allen Dingen Menschen – gibt, die ich nicht ändern kann. Wie ich überhaupt, bei Licht betrachtet, nur mich ändern kann. So in Echt und Wirklich, denn in aller Regel machen autonome Menschen, was sie wollen. Gottseidank.
An der Stelle muss man ja immer erst noch einmal sagen, was das nicht heißt, oder?
Ok: Das heißt nicht: Man kann sowieso nichts machen. Das heißt nicht: immer schön still- halten. Das heißt nicht: Ich bin wirkungslos.
Sondern: Ich bin als Christin und Christ ermächtigt, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann. Unter Verzicht auf einen Absolutheitsanspruch. Oder auf sofortige, durchschlagende Wirkung. Unter Verzicht auf alleinige Wirksamkeit.
In der Anerkennung, dass ich irren kann. Dass auch ich nicht die ganze Geschichte kenne. Das niemand die ganze Geschichte kennt. Die ganzen Geschichten von mir und Dir und dem oder der Anderen. Außer Gott.
Es gibt eine jüdische Geschichte zum Thema „Ich und Welt“. Ein Rabbi erzählt: In meiner linken Hosentasche habe ich einen Zettel auf dem steht: Für Dich wurde die Welt erschaffen. Und in meiner rechten Hosentasche habe ich einen Zettel auf dem steht: Du bist ein Staubkorn in der Wüste.
Das ist Demut.
Anerkennen und akzeptieren.
Beides.
Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius
