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Kirche in WDR 4 | 17.11.2025 | 08:55 Uhr
There is a light that never goes out
Heute ist wieder Montag, und weil heute Montag ist ist das Wochenende auch schon wieder vorbei. Tja. Und ich möchte Ihnen heute davon erzählen, wie ich vor ein paar Tagen im Supermarkt in der Gemüseabteilung stand. In der linken Hand ein paar Gurken und in der rechten einen Beutel Möhren. Da zeigt ein junger Mann auf mein T-Shirt. Ich hab es in England gekauft. „There is a light that never goes out“, steht da drauf. „Cooles Shirt“ sagt er. „Danke!“ sage ich. Der Satz ist der Titel eines Liedes der britischen Popband The Smiths. Also Achtzigerjahre. Melancholie und Weltschmerz mit britischem Akzent. Und tatsächlich: Auf dieses T-Shirt – schwarz, mit weißer Schrift – hab ich schon einige Reaktionen von wildfremden Menschen bekommen. Einer hat gesagt: „Ach, das ist schön. Das Licht geht nie aus. So was kann man in diesen Zeiten gebrauchen.“ Und er hat ja recht.
Ich finde dieses Lied tröstlicher, als es zunächst den Anschein hat. Es handelt nämlich davon wie einer in einem Auto sitzt, der sich einsam fühlt, ausgeschlossen und unverstanden . Neben ihm am Steuer jemand, von dem er hofft, dass er ihn womöglich versteht. Vielleicht zum ersten Mal. Keine Fragen stellt. Ihn nicht zu Hause absetzt. An diesem furchtbaren Ort, der längst kein Zuhause mehr ist. Jemand, der ihn da hin kutschiert, wo das Leben ist, die Liebe das Licht. Was für ein Hochgefühl! Was für ein hüpfendes Herz! „Wenn ich jetzt sterben müsste“ singt der Mann, „egal, dann wenigstens an deiner Seite.“ In aller Skurrilität ist das eine der schönsten Liebeserklärungen der Popgeschichte. Kein schmalziges „für immer und ewig“, kein Heiratsantrag im Sonnenuntergang. Sondern das: „Selbst wenn ich draufgehe – ich bin nicht allein.“ There is a light that never goes out.
Das hat, wenn man ehrlich ist, etwas sehr Menschliches. Ich kenne das. Das Leben ist kompliziert und auch düster, nicht nur im November. Da bin ich dankbar für jede Form von Licht. Da reicht eine kleine, flackernde Funzel über der Spüle, die rätselhafterweise nie kaputtgeht. Oder die Straßenlaternen, die bei einer nächtlichen Autofahrt hin und wieder ihr Licht in mein dunkles Auto scheinen lassen.
Ob Jesus auch so ein T-Shirt gut gefunden hätte? Er hat ja auch vom Licht gesprochen, das nicht ausgeht. „Ihr seid das Licht der Welt“, hat er gesagt, und ich wette, er meinte damit die, die eine Hand hinhalten, auch da, wo es dunkel ist, damit meine Hand sie ergreifen kann. Christoph, ein Freund von mir hat meiner Frau und mir dieses Lied bei unserer Hochzeit gesungen. Eines der schönsten Geschenke, die wir bekommen haben. Neulich hat er mir gesagt: „Eigentlich bringt dieser Song die christliche Botschaft auf den Punkt.“ Christoph hat dieses T-Shirt übrigens zuerst entdeckt und gekauft. Ich habe es ihm nachgemacht und bin ihm dankbar. Denn es erinnert mich daran, dass das Licht nicht deshalb nie ausgeht, weil alles gut und alles easy wäre. Sondern weil irgendjemand es immer wieder anschaltet. Dann, wenn es dringend nötig wird. Nicht nur in der dunklen Nacht. Und nicht nur an diesem Montagmorgen.
