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Kirche in WDR 5 | 20.09.2025 | 07:55 Uhr
Frederick und der Weltkindertag
Guten Morgen.
Es war einmal… ein Tag im September. Sie wuseln durch den Garten. Noch ist genug zu essen da. Beeren, Körner, Nüsse, Getreide – aber: irgendwie müssen sie über den Winter kommen, die Mäuse. Und deshalb sammeln sie Vorräte. Alle Mäuse? Alle, bis auf einen: Frederick sitzt scheinbar tatenlos da. Er schaut in die Sonne, er sammelt Wörter, er sammelt Farben. Die anderen schimpfen: „Warum hilfst du nicht mit? Wir brauchen doch Vorräte!“
Doch dann kommt der Winter. Die Tage sind lang und dunkel. Die Mäuse frieren und fast alle Körner sind aufgegessen. Da ist es Frederick, der seinen Schatz teilt. „Wisst ihr noch, wie warm sich die Sonnenstrahlen auf dem Fell angefühlt haben? Und wie blau der Himmel war. Und wie die Mohnblumen so schön rot geleuchtet haben.“ Und Frederick sagt Gedichte auf. Und die Mäuse hören ihm zu und spüren die Wärme, sehen bunte Farben im dunklen Mäusebau. Bald, bald wird er kommen der Frühling und dann der Sommer und dann ist es wieder warm und schön, und wir haben genug zu essen. Noch ein bisschen haushalten und durchhalten. Eine wunderschöne Geschichte … und dennoch, ärgere ich mich immer wieder am Anfang der Geschichte über diesen kleinen Frederick. Es sind alle schwer am Arbeiten, am Schleppen und am Schwitzen und Frederick? Der liegt nur herum … und antwortet scheinbar doch mit einer faulen Ausrede. Dabei ist das, was er tut, genauso wichtig für die Mäusegemeinschaft wie das Sammeln von Nüssen und Körnern. Als Erwachsene haben wir manchmal seltsame Bilder von dem im Kopf, was wir so für richtige Arbeit halten. Und denken oft, dass nur zählt, wenn jemand viel von der „richtigen Arbeit“ macht. Dabei braucht eine Gemeinschaft ganz verschiedene Dinge zum Leben: Diejenigen, die dichten und Bilder vom guten Leben im Herzen wachhalten. Die, die Hoffnung teilen. Alles gehört dazu.
Gerade am heutigen Weltkindertag denke ich daran: Kinder sind nicht wertvoll, weil sie Leistung bringen oder Geld verdienen. Sie sind wertvoll, einfach weil sie da sind – mit ihren Fragen, ihrer Fantasie, ihrem Staunen. Sie erinnern mich als Erwachsene immer wieder daran, dass das Leben mehr ist als Terminkalender, To-Do-Listen und Leistungsdruck. Dass es Farben braucht. Und Geschichten. Und manchmal auch einen Blick zum Mond am helllichten Tag.
„Was du wert bist, das misst sich nicht an dem, was du tust. Sondern daran, dass du einzigartig bist.“ – So könnte man auch einen alten biblischen Gedanken zusammenfassen: Jeder Mensch ist ein Ebenbild Gottes. Ein Original. Ein Geschenk. Und das ist, was ich am Ende immer wieder von Frederick lerne: Einfach mal schauen: Was bringe ich eigentlich in die Gemeinschaft ein, das nicht in Zahlen messbar ist: Zeit, Nähe, ein Lächeln, Fantasie, Freude.
Gerade am Weltkindertag passt das gut: Von Kindern kann ich genau das lernen. Und ich kann ihnen Raum geben, sie ernstnehmen, ihnen zuhören.
Ich kann ihre Fantasie als Schatz sehen. Und bei all dem selbst staunen und das Leben wieder mit neugierigem Entdeckerblick betrachten.
Ich wünsche Ihnen heute einen Tag, an dem Sie nicht nur Körner und Nüsse sammeln – sondern vielleicht auch ein bisschen Sonne oder Farben. Leinen los für die Fantasie.
Sonnige Grüße Ihre Pfarrerin Veronika Grüber aus Bad Salzuflen.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze