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Kirche in WDR 5 | 07.11.2025 | 06:55 Uhr
Himmlische Orte
Übers Stadtbild wurde zuletzt ja viel gesprochen. Und es gibt etwas, das prägt bis heute fast überall das Stadtbild. Über 6.000 mal gibt es das in NRW; habe ich in einer Dokumentation erfahren, die heute Abend im WDR-Fernsehen läuft, zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr: „Himmlische Orte“ heißt die Doku. Und vielleicht ahnen Sie jetzt schon, wovon ich spreche: es geht um Kirchen.
Wohl kaum eine Region in Europa ist so reich an unterschiedlichen Kirchbauten wie unser Bundesland. Und der WDR-Film hat auch bei mir die Neugierde geweckt auf Kirchen, die quasi in der Nachbarschaft liegen….wo ich mir einbilde, ziemlich viele Kirchen zu kennen. Aber: Die Doku zeigt nicht die „üblichen Verdächtigen“: den Kölner Dom, oder den in Aachen, die Lambertikirche in Münster mit der „Himmelsleiter“, oder die Wiesenkirche in Soest, mit dem Westfälischen Schinken beim „letzten Abendmahl“.
Nein: „Himmlische Orte“ zeigt Kirchen, die zum Teil ganz jung sind: Wie eine 2024 eröffnete Kirche in Essen – komplett aus rostigem Stahl. Oder eine „Tiny Church“, 8 mal 4 Meter, im Erzbistum Paderborn: Eine Kirche auf vier Rädern, angedockt an eine Jugendhilfeeinrichtung. Natürlich zeigt die Doku heute Abend auch wahre Kirchen-„Schätzeken“, aber eben nicht die altbekannten. Mir völlig unbekannt war bis dato z.B. die „Immaculata-Kirche“ in Büren bei Paderborn[1]. Die kann von ihrer barocken Pracht durchaus mithalten mit denen in Süddeutschland. Besonders beeindruckt hat mich die mystische Atmosphäre der Drüggelter Kapelle[2] am Möhnesee. Ein echter Geheimtipp. Die Kapelle ist rund gebaut, wie einst in Jerusalem die Kapelle über dem Heiligen Grab. Und der 800 Jahre alte Bau birgt ein Licht-Geheimnis, das nur an einem Tag im Jahr gelüftet wird. Die Drüggelter Kapelle ist nämlich so gebaut, das am längsten Tag des Jahres, am Johannestag, 21. Juni, das Licht der untergehenden Sonne durch ein bestimmtes Fenster den Kirchenraum ganz besonderes erleuchtet. Was sich die Erbauer damit gedacht haben? Darüber können die Macher der WDR-Doku natürlich auch nur rätseln. Aber sie kommen mit ihren Aufnahmen dem Besonderen all der Kirchenorte ganz schön auf die Spur: Kirchen sind Orte, die Raum geben: für Licht. Für Gemeinschaft. Für Stille. Eine Frau sagt es so: „Viele brauchen die Stille in dieser lauten Zeit“.
Kirchen geben Raum für Gott. Aber manchmal auch Schutz. So wie die Bunkerkirche in Düsseldorf, die „stabilste Kirche der Welt“[3]: Einst als Bunker im Weltkrieg gebaut – und nur zur Tarnung als Kirche, wird sie heute genutzt als Gotteshaus. Und damit ist die Bunkerkirche in Düsseldorf eines der wenigen Beispiele, wie eine Kirche derzeit andersherum umgenutzt wird: vom Profanbau zum Kirchort.
Denn: Auch das beschreibt die WDR-Doku über „himmlische Orte“ in NRW: Fast jede vierte Kirche in NRW ist von Schließung bedroht. Manche sollen abgerissen werden. Und das wird etwas machen mit unserem Stadtbild. Und das betrauere ich als Christ sicherlich mehr als Menschen, die meinen Glauben nicht teilen. Aber: Es macht etwas mit der Umgebung, wenn diese Orte fehlen, die rein fürs Licht gebaut sind, für die Stille, für die Sammlung von Menschen – auch in Bezug auf Gott hin. Ob es Kirchen sind, Synagogen oder Moscheen. Gotteshäuser prägen das Stadtbild. Aber auch die Seelenlandschaft einer Gesellschaft.
Aus Köln grüßt Sie, Klaus Nelißen
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Maria_Immaculata_(B%C3%BCren) [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Dr%C3%BCggelter_Kapelle
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Bunkerkirche_Sankt_Sakrament_(D%C3%BCsseldorf)
