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Sonntagskirche | 12.10.2025 | 08:55 Uhr
Unboxing
Guten Morgen,
vielleicht haben Sie das auch schon gesehen: „Unboxing“-Videos im Internet. Da sitzt jemand vor der Kamera, und packt etwas aus: Klebeband ab, Schachtel auf, Folie weg. Millionen Menschen schauen dabei zu. Und finden’s gut. Die Klicks und die Likes verraten es. Verrückt, oder? Denn es geht nicht ums Produkt. Sondern ums Auspacken: Was steckt da drin? Wie sieht es aus? Ist es wirklich so toll?
Unboxing heißt ganz schlicht: auspacken.
Diese Videos sind ein richtiger Trend.
Manchmal denke ich: Das Leben funktioniert ähnlich. Ich packe auch ständig aus
– nicht unbedingt Päckchen, sondern was ich jeden Tag erlebe, Menschen, denen
ich begegne, Gedanken, Momente. Ich weiß nie ganz genau, was drinsteckt, bevor
ich es öffne. Die Spannung ist nicht so offenkundig wie in diesen Videos, aber
da ist doch immer die offene Frage: Was finde ich da? Wird es mich überraschen,
vielleicht sogar begeistern? Oder ist es enttäuschend?
Neulich hatte ich selbst einen
Unboxing-Nachmittag, nur ohne Kamera. Ich hab´ eine Schublade aufgeräumt und
unter Papier und Krempel war da plötzlich so ein knitteriger Brief gefunden,
den ich seit Jahren nicht mehr in der Hand gehabt hab`. Geschrieben von einer
Freundin, die mir damals in einer schweren Zeit Mut gemacht hat. Ich hatte ihn fast
vergessen. Als ich ihn auspacke, ist das für mich wie ein kleiner
„Unboxing-Moment“: Was für eine Überraschung, sowas Kostbares, ihr Trost, ihre
Freundschaft. Das war alles sofort wieder lebendig.
In der Bibel gibt es einen sehr schönen Gedanken, der steht beim Apostel Paulus.
Da heißt es: „Wir haben einen Schatz in irdenen Gefäßen.“ (Die Bibel, 2.
Korinther 4,7) Damit meint Paulus: In uns steckt mehr, als man auf den ersten
Blick sieht. In jedem Menschen gibt es so etwas wie ein verborgenes Geschenk –
von Gott da reingelegt. Manchmal ist es tief verbogen. Und sehr gut eingepackt.
16 Schichten mindestens, die Folie oft so verschweißt, dass man es kaum
aufkriegt. Wenn ich das auspacken möchte, muss ich tief graben - unter
Alltagssorgen und Selbstzweifeln, unter dem, was andere über mich sagen. Aber
das Geschenk ist da: ein Schatz, eine Gabe, etwas, was mein Leben hell macht.
Dafür ist vielleicht immer wieder ein „Unboxing“-Moment gut. Ein bisschen
Geduld, Schicht für Schicht. Und dann die Überraschung: Da ist etwas Kostbares
in mir. Ein Talent, eine Stärke, eine Freude, die ich teilen kann. Ich spüre:
Ich bin beschenkt.
Ich glaube ja: Gott freut sich über jeden „Unboxing-Moment“ in meinem Leben.
Vielleicht haben Sie auch Lust darauf bekommen. Wer weiß, was Sie finden!
Einen gesegneten Sonntagmorgen!