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Kirche in WDR 2 | 27.12.2025 | 05:55 Uhr
Überdruss im Überfluss
So, das war’s. Weihnachten ist vorbei. Und ich kann nicht mehr. Wie es war? Ich würde sagen: Das Wort „reichlich“ beschreibt es ganz gut. Von allem reichlich. Reichlich Essen. Reichlich Geschenke. Reichlich Besuch. Reichlich Stress, auch.
Jetzt ist alles vorbei. Irgendwie hat alles geklappt: Es war nett. Alle waren fröhlich. Aber jetzt ist es auch gut. Ich fühle mich leer. Irgendwie.
Eigenartig: Wie kann das überhaupt sein, dass man sich leer fühlen kann, obwohl man so voll ist?
Irgendwie passt das. Denke ich. Quasi als Bild für unser Leben, zumindest für die große Mehrheit in unserem Teil der Welt: Du hast eine Wohnung, ein Auto, und die Heizung funktioniert auch. Wenn du Hunger hast, gehst du zu deinem gut gefüllten Kühlschrank. Wenn du krank bist, gehst du zum Arzt. Einfach so, weil die Versicherung das bezahlt. Du hast ein Handy, Internet. Der Streaming Dienst sorgt für die Unterhaltung am Abend. Und wenn du mal ausspannen willst: Ab zum Flughafen. Eine Woche Mallorca geht eigentlich immer.
Den Meisten hier in unserer Ecke der Welt geht es eigentlich gut. Materiell gesehen. Reichlich versorgt, satt und abgesichert. Und trotzdem gibt es dieses tiefe Gefühl von Leere. Überdruss mitten im Überfluss.
Offensichtlich kann auch einem, der äußerlich alles hat, etwas Wesentliches fehlen. Etwas, das man nicht kaufen kann, nicht in die Garage stellen oder auf Bankkonten packen. Das Gefühl, respektiert zu werden. Teil einer größeren Gemeinschaft zu sein. Oder die innere Gewissheit: „Mein Leben hat einen Sinn.“
Mir fällt ein Satz aus der Bibel ein: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.“ (Matthäus 4,4) Materiell versorgt und abgesichert zu sein ist super. Aber ein glückliches, erfülltes Leben ergibt sich daraus noch nicht. Jedenfalls nicht zwangsläufig. Da braucht es mehr: Nähe. Gerechtigkeit. Frieden. Hoffnung. So was.
Eigentlich seltsam: Man macht sich häufig so viele Gedanken darüber, welchen Streaminganbieter man abonniert und denkt so wenig darüber nach, wie man diese anderen Dinge findet, die das Leben erst erfüllt machen.
Vielleicht ist so ein Moment wie heute, wenn man nach reichlich Weihnachten dasitzt und sich so voll fühlt und gleichzeitig so leer, vielleicht ist so ein Moment auch eine Chance. Die Chance, sich auf die Suche zu machen. Nach dem was einen wirklich satt macht. Wirklich erfüllt. Und zwar ohne, dass man darüber nachdenken muss, sich eine größere Hose zu kaufen.
Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius
