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Kirche in WDR 5 | 03.11.2025 | 06:55 Uhr
Aenne Burda und Catharina Damen
Guten Morgen! Schon fertig angezogen für den Tag? Heute vor 20 Jahren starb Aenne Burda, die Frau, die mit ihren Nähzeitschriften das Leben unzähliger Frauen im Nachkriegsdeutschland verändert hat. Verbessert. Tante Marita schwärmte noch von Burdaheften, als ich ein Kind war. Dank Aenne Burdas Hilfe zur Selbsthilfe in Sachen Näharbeiten konnte sie sich Freude an Mode leisten, auch bei knappem Geldbeutel. Ich sehe Aenne Burda vor mir, wie sie zusammen mit ihren Schneiderinnen ein Model betrachtet. Die Frau im schicken Kleid dreht sich, hebt die Arme, senkt sie wieder. Aenne und die anderen schauen genau hin. Wo sitzt die Naht? Wie kommt der Schwung zustande?
Eine parallele Geschichte: Ein Franziskaner besucht ein
paar Frauen. Plötzlich sieht er sich umringt von seinen Gastgeberinnen. Sie
bitten ihn, die Arme zu heben, sich zu drehen. Sie schauen genau hin, wie das
Ordensgewand geschnitten ist. So, genauso wollen sie es auch machen! So
geschehen um 1835, als meine Ordensgemeinschaft entstand. Catharina Damen und
ihre ersten Gefährtinnen und ein verdutzter Franziskaner – und schließlich ein
Ordensgewand. Alles nur „Kleider machen Leute“? Oberflächlich?
Nein, das glaube ich nicht. Ich schaue genauer hin.
Aenne Burda und Catharina Damen: zwei starke Frauen. Die haben
etwas erreicht. Die haben viel erreicht. Zwei Frauen in verschiedenen Zeiten
und mit verschiedenen Missionen – und mit einer Gemeinsamkeit, die mich
fasziniert. Nicht nur die Geschichte mit dem Schnittmuster. Beide waren sehr
engagiert. Für ihre Sache, ihren Traum, ihre Berufung. Sie haben es sich etwas
kosten lassen. Catharina geht sechs Wochen, nachdem der Bischof die
Klostergründung ablehnte, noch einmal 60 Kilometer zu ihm – und überzeugt ihn.
„So mag sie denn mal anfangen“, sagt er. Aenne trotzt ihrem Mann, dem großen Verleger, die Gründung
der Nähzeitschrift ab. Engagierte Frauen, die sich erstritten haben, was sie
als ihren Auftrag erkannten.
Und gleichzeitig haben beide gewusst, wo es sich nicht lohnte zu kämpfen. Wo
sie sich arrangieren mussten. Mit Zuständen und Menschen. Catharina mit einem,
vorsichtig formuliert, wenig wertschätzenden Pfarrer, der sie nicht mochte und
nicht verstand. Aenne angesichts der eklatanten Untreue ihres Mannes.
Engagieren und arrangieren – und wissen, was wann dran ist.
Ich kreise um diese beiden Frauen, nicht um ein Schnittmuster zu entwerfen – ich bin keine Nähkünstlerin! Ich kreise um diese beiden Frauen, um mir abzuschauen, wie sie das machen. Sich engagieren und sich arrangieren. Im richtigen Moment das Richtige wählen. Davon kann ich was lernen. Mich nicht in aussichtslose Streitereien verbeißen – und doch nicht zu früh aufgeben. Ein Balanceakt. Ob ich das Buch über Catharina noch mal lese? Oder mir den Film über Aenne in der Mediathek anschaue?
Jedenfalls will ich heute und diese Woche üben, im ganz
Kleinen, in Beidem: mich engagieren, mich arrangieren. Haben Sie Lust, es auch
zu versuchen?
Auf alle Fälle wünsche ich Ihnen einen Tag, der Sie weiterbringt.
Ihre Schwester Katharina aus Münster
