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Kirche in WDR 4 | 01.12.2025 | 08:55 Uhr
Der Trost der Weihnachtskrippen
Heute ist wieder Montag, und weil heute Montag ist ist das Wochenende auch schon wieder vorbei. Tja. Und mit der neuen Woche hat der Advent begonnen. Zeit der Adventskalender, des Plätzchen-Backens und der Kerzen in den Fenstern. Und anderswo wird auf dem Dachboden in Kisten und Kästen gekramt. Da, wo die Weihnachtskrippe verstaut ist.
Bei uns daheim war das genauso. Wochen vorher sind wir Kinder schon losgezogen und haben im Wald Moos gesammelt. Das Moos wurde auf Zeitungspapier gebreitet wie ein mittelalterliches Heilmittel. Später wurde das Wohnzimmer umgeräumt, eine alte Tür auf zwei Holzböcke gelegt, und dann gings los. Unsere Krippe war kein einfaches kleines Häuschen. Es gab Gebirge, Brunnen, Bäche, Feuerstellen – eine kleine Welt, die jedes Jahr neu entstanden ist und ausgesehen hat, als hätte ein mäßig begabter Gott versucht, die Alpen nachzubauen. Oft haben wir unser Spielzeug eingebaut. Ein Westernsaloon wurde kurzerhand zur Herberge umfunktioniert. Mittendrin thronte ein windschiefes Weihnachtsbäumchen. Es sah aus, als würde es den nächsten Winter nicht überstehen. Aber irgendwie hat es zu diesem Kind in der Futterkrippe gepasst: ein bisschen armselig und trotzdem irgendwie vollkommen richtig.
Weihnachtskrippen haben ja die wunderbare Fähigkeit, das schwer zu glaubende Weihnachtswunder ein bisschen plausibler zu machen: Gott wird Mensch. Mit all dem, was zum Menschsein gehört. Auch dem nicht Schönen. Wenn heute eine Mutter allein im Krankenhaus sitzt, weil der Vater wegen Schichtarbeit nicht dabei sein kann – Weihnachten. Wenn ein Kind per Notkaiserschnitt zur Welt kommt und man den Atem anhält, bis der erste Schrei kommt – Gott wird Mensch. Wenn Geburt nicht nach „Stille Nacht“ klingt, sondern nach „Wir brauchen hier ganz schnell noch eine Ärztin!“ – auch das ist Bethlehem. Vielleicht rühren Krippen deshalb so viele Menschen an. Weil sie zeigen: Keine Geburt ist Gott zu fremd, keine menschliche Erfahrung zu dunkel oder zu laut.
Es
gibt sogar einen Verein für diese Leidenschaft: Die
Landesgemeinschaft der Krippenfreunde in Rheinland und Westfalen. Und diese
Krippenfreunde werden 100 Jahre alt. Zu ihrem Jubiläum gibt es eine große
Ausstellung in der Basilika St. Gereon in Köln. Und da haben sie richtig
aufgefahren. 50 Krippen verschiedener Epochen und Stile sind dort zu sehen. Sogar
eine „Baustellenkrippe“
aus
dem Jahr 2025. Eine Krippe, die aussieht, als würde Jesus nicht nur im Dreck
der Welt ankommen, sondern gleich beginnen, sie umzubauen.
Ich finde ja, Krippen sind wie Gebete zum Anfassen. Beten heißt ja: Ein bisschen Aufräumen, um Platz zu machen für das, was größer ist als man selbst. Eine Krippe tut genau das. Man räumt ein paar Quadratmeter frei. Und plötzlich ist Gott zu Gast. Vielleicht denken Sie ja schon darüber nach, wie Ihre Krippe in diesem Jahr aussehen wird. Oder Sie freuen sich auf die Krippen in den Kirchen und Kapellen. Sie alle erzählen ja von einer großen Unwahrscheinlichkeit: Dass Gott diese Welt, Ihre Welt, nicht egal ist. Es ist ein Trost und ein Wunder, dass Gott in dieser seltsamen Welt zur Welt kommt. Gerade jetzt. Trotz allem. Und nicht nur an diesem Montagmorgen.
