Beiträge auf: wdr4
Sonntagskirche | 30.11.2025 | 08:55 Uhr
Und währenddessen brennt ein Licht
Jetzt ist sie also wieder da: Die Adventszeit. Wahrscheinlich ist es bei
Ihnen Zuhause jetzt auch schon adventlich dekoriert. Die erste Kerze brennt… Kerzen und
Licht: das sind doch irgendwie auch die Kernthemen in diesen Wochen. Hier in Kevelaer
ist das ja ein Ganzjahresthema. Wer den Wallfahrtsort am Niederrhein kennt, der
weiß auch: Kerzen machen nicht nur hell, sie sind Seelenwärmer.
Tag für Tag brennen sie hundertfach an der
Außenwand der Kerzenkapelle. Menschen zünden sie an. Für ihre
Lieblingsmenschen, als Lichtbringer für ihre Sorgen und Probleme. Und das
tröstet. Klar: Um Trost geht es ja auch an unserem Wallfahrtsort.
Manchmal bitten mich Menschen auch von weit her, für sie oder jemand anderes ein Kerzchen anzuzünden an der Kapelle. Sie haben ein Anliegen und wollen was tun – bzw.: dass ich was tu. Da tue ich gerne und nehme das sehr ernst. Das letzte Mal, als ich darum gebeten wurde, das ist jetzt einige Wochen her.
Ende September durften wir einen Radiogottesdienst aus Kevelaer
übertragen und das Thema war (wie sollte es anders sein) Trost. Am Ende dieses
Gottesdienstes saß ich mit einem Kollegen eine Stunde am Hörertelefon. Ich
selber saß da schon etwas eher und hab mich gewundert, dass schon zur
Kommunionfeier der erste Anruf kam. Ein älterer Mann, zitternde und schwache
Stimme. Erst bedankt er sich – und ich hör: Der Gottesdienst läuft im
Hintergrund weiter. Dann kommt er zu seinem ganz persönlichen Anliegen. Es ist
ihm Ernst und: es fällt ihm schwer. Das höre ich.
Die Stimme noch wackliger und leiser und dann
rückt er mit der Sprache heraus. Er läge im Bett, immer schwächer und seit
Monaten. Schmerzen seien nur noch unter Morphium zu ertragen. „Und genau wegen diesem Zeug“, sagte er und seine Stimme bricht, „habe ich das Vater unser
verschlafen.“ Er dämmere halt immer wieder weg und versuche dann, die Augen
offen zu halten. Aber er verliere diesen Kampf immer häufiger und wache dann
irgendwann wieder auf. Dann sei er traurig und er rechne damit, dass er
irgendwann in das ewige Licht „rüber penne“. Jetzt höre ich durchs Telefon
sogar, wie er schmunzelt. Ich überlege kurz: „Was sagst du jetzt“? Nach einer kurzen Pause frage
ich ihn: „Wissen sie wie viele Menschen gerade ungefähr den Gottesdienst hören?
Es sind rund 400.000 Menschen, so sagt man!“. Jetzt klingt seine Stimme wach und
erstaunt. „Dann bin ich ja nicht alleine!“ – Genau! „Also
haben ja ca. 399.999 Menschen für Sie das Vater Unser weiter gebetet. Er lacht. Erleichtert und froh. Und dann bittet er mich, nach meinem Telefondienst für den
Radiogottesdienst eine Kerze anzuzünden. An der Kerzenkapelle. Ob er
währenddessen schlafen dürfe, fragt er er ironisch. Und ich sage: „Unbedingt,
wenn es dran ist!“. „Beruhigend“ flüstert er. „Danke!“. Dann legt
er auf.
Was für ein Bild: Die Kirche als eine Gemeinschaft, die trägt im Gebet und im aneinander denken. Da geben die Schwachen Kraft für die Schwachen. Da beten die Wortmächtigen für die Wortlosen. Da wachen sie füreinander und können sich aufeinander verlassen. Und: sie zünden Kerzen füreinander an. Es ist wieder Advent und weil ich Kerzen und Licht mag, lade ich sie ein: Ich mach in diesem Advent einfach ein Licht für Sie an und natürlich für Ihre Anliegen. Sie können mir einfach nach Kevelaer schreiben. Per Mail, oder ganz einfach (wie früher) per Brief. Sie finden meine Kontaktdaten – da bin ich sicher.
