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Kirche in WDR 2 | 05.12.2025 | 05:55 Uhr
Würdig sterben
Ab und zu sterben Menschen während der Krankensalbung, die ich Ihnen auf der Intensivstation spende. Vor kurzem ist es gleich zweimal hintereinander passiert. Beide hatten einen schweren Schlaganfall erlitten. Für die Angehörigen, die dabei waren, aber sicher auch für die Schwerstkranken, war das eine Erlösung. Geradezu eine wunderbare Erfahrung. Denn wir waren uns alle sicher, dass die Sterbenden die Sakramentenspendung noch gespürt haben und sich dabei auf den Weg zu Gott machten.
Daran dachte ich, als vor bald drei Wochen die Nachricht vom Tod der berühmten Kessler-Zwillinge im Alter von 89 Jahren durch die Medien ging. Nun kann ich in diesem kurzen Beitrag nicht die vielen Fragen zum assistierten Suizid beantworten, möchte aber erzählen, wie wir in unserer Gemeinde für ein würdiges Sterben eintreten. Das Wichtigste ist vielleicht, dass ich vierundzwanzig Stunden am Tag ans Telefon gehe. Andere Gemeinden haben ein sogenanntes Notfallhandy, das jeweils eine andere Seelsorgerin bei sich hat. Bei jedem Trauergespräch mit den Angehörigen von Verstorbenen biete ich die Formulare der Christlichen Patientenvorsorge an, mit Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Behandlungswünschen. Die vier Bereiche machen schon deutlich, wie gut es ist, den sicheren Tod nicht zu verdrängen, sondern in den Blick zu nehmen.
Auch jüngere Angehörige nehmen das Formularheft sehr gerne mit. Wichtig ist mir immer der Hinweis, dass Behandlungswünsche und Patientenverfügung ja nur dann gelten, wenn man sich nicht mehr selbst mitteilen kann! Bevor dies eintritt, gilt ja das, was man dann sagt! Für die Ärztinnen und Ärzte ist die Patientenverfügung mit Behandlungswünschen natürlich ein großer Segen!
Die Krankensalbung ist nicht nur ein Sakrament für Sterbende, sondern eine Stärkung für kranke oder ältere Menschen. So bieten wir eine gemeinsame Krankensalbung jeden Herbst in unserer Kirche an. Vor zwei Wochen kamen dazu gut sechzig Seniorinnen. Danach gab es natürlich noch Kaffee und Kuchen im Pfarrsaal.
Viele ältere Menschen sind lebenssatt und möchten gerne sterben, wie auch damals meine Mutter. Sie sagen: "Warum holt der Herrgott mich nicht?!". Manchmal verzichten sie dann auf Essen und Trinken. In meiner Patientenverfügung steht, dass ich weder künstliche Ernährung noch künstliche Flüssigkeitszufuhr möchte, auch bitte keine Wiederbelebungsmaßnahmen. Gerne möchte ich im Himmel aufwachen. Mal sehen, was dort los ist.
Weitere Informationen zur christlichen Patientenverfügung:
https://www.dbk-shop.de/de/publikationen/gemeinsame-texte/christliche-patientenvorsorge-handreichung-formular-aktualisierte-neuauflage-2025
