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Kirche in WDR 4 | 27.05.2024 | 08:55 Uhr

Geben und Nehmen

Guten Morgen!

Stellen Sie sich einen Brunnen vor. Nicht irgendeinen: einen mit drei verschieden großen runden Schalen, die übereinander angeordnet sind. Einen so genannten römischen Brunnen. Das Wasser steigt in der Mitte nach oben und wird zu einer Fontäne, die sich in die oberste, kleinste Schale ergießt. Dort quillt es über den Rand und fließt nach unten in die zweite, größere Brunnenschale und schließlich ebenso in die größte, die unterste Schale, um von dort wieder aufzusteigen.

Man kann diesem Wasserspiel lange zusehen und sich seine Gedanken machen. Das hat der Dichter Conrad Ferdinand Meyer getan. Von ihm stammt das Gedicht „Der römische Brunnen“:


Sprecherin:

Aufsteigt der Strahl und fallend gießt

Er voll der Marmorschale Rund,

Die, sich verschleiernd, überfließt

In einer zweiten Schale Grund;

Die zweite gibt, sie wird zu reich,

Der dritten wallend ihre Flut,

Und jede nimmt und gibt zugleich

Und strömt und ruht. (1)


Autor: Geben und Nehmen. Die vollkommene Einheit des bewegten Wassers im Brunnen, das gleichzeitige Strömen und Ruhen, wird hier zu einem Sinnbild für menschliches Zusammenleben.

Gewiss kannte Conrad Ferdinand Meyer als evangelischer Christ die biblische Aussage: „Geben ist seliger als Nehmen.“ Dieser Satz ist zum Sprichwort geworden. Der Apostel Paulus zitiert hier Jesus. Paulus erinnert seine Freunde daran, dass sie sich um die Bedürftigen kümmern.

Aber ist Geben wirklich „seliger“, macht es wirklich glücklicher als Nehmen?

Das Nehmen hat einen schlechten Ruf. Eigennützig, egoistisch kann es wirken. Freigiebigkeit dagegen, freies Geben ohne Berechnung – eine gute Eigenschaft.

Dabei ist es mit dem Nehmen manchmal gar nicht einfach. Manchen Menschen fällt es schwer, frohen Herzens etwas anzunehmen. Sie fürchten, dass sie damit eine Verpflichtung eingehen. Sie argwöhnen, der Geber erwarte eine Gegenleistung. Dahinter steht die Haltung: „Ich will nichts geschenkt, ich will unabhängig bleiben.“

Aber Menschen hängen immer voneinander ab. Niemand ist autark, niemand kann ganz für sich leben. Niemand kann überleben ohne die Fürsorge anderer Menschen.

Und oft lebe ich sogar auf Kosten anderer, denen es weniger gut geht als mir, obwohl ich es gar nicht will. Das kann ich nicht so leicht ändern, selbst wenn ich es wollte.

Es wäre schön, wenn ich mich wie ein Kind über die liebevollen Gaben anderer freuen könnte. Dann fiele es mir auch leichter, freigiebig zu sein und mich über die Freude der anderen zu freuen.

Am Ende liegt es nicht an mir. Es liegt an Gott, dem ich mein Leben verdanke. Mein Glück kann und muss ich nicht selber verdienen. Bevor ich gebe, empfange ich. So wie die Schalen des Brunnens, den Conrad Ferdinand Meyer vor Augen hatte:


Sprecherin:

Und jede nimmt und gibt zugleich

Und strömt und ruht.


Dass Sie heute fröhlich geben und nehmen können, wünscht Ihnen Ihr Andreas Duderstedt aus Lemgo.


Quellenangabe:

(1) Conrad Ferdinand Meyer, Sämtliche Werke. Droemersche Verlagsanstalt Wiesentheid o.J. [um 1947]. (Published under Military Government Information Control, License Nr. US-E-170 Office of Military Government for Bavaria, Information Control Division US-Army), S. 31



Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze


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