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Kirche in WDR 5 | 30.10.2025 | 06:55 Uhr
Paradiesisch leben
Guten Morgen,
das junge Paar lädt einen Buggy aus dem Auto aus und hängt alles dran, was es für die Strandwanderung so braucht. Jetzt fehlt nur noch das Kind dazu. Aber wo ist es? Kein Kindersitz im Auto. Kein Kind weit und breit. Wir sehen uns fragend an. Da öffnet der junge Mann den Kofferraum, nimmt einen Hund heraus und setzt ihn in den Buggy. Das ist des Rätsels Lösung. Im selben Urlaub ist mir dann eine Frau begegnet, die ihr Hündchen in einer Tragetasche vor dem Bauch trug, wie ein Baby. Ja, Haustiere werden immer wichtiger für Menschen, in Zeiten, in denen viele alleine leben. Für manche ist der Hund dann auch Kinderersatz. Und entsprechend wird der kleine Liebling dann gehegt und gepflegt. Vielleicht übertreiben manche etwas und müssen sich die Kritik gefallen lassen, ihr Tier zu vermenschlichen. Aber ursprünglich sind Tiere und Menschen schon dazu geschaffen, in gutem Miteinander auf der Erde zu leben. Wörtlich heißt es dazu in der Bibel: „Gott du hilfst Menschen und Tieren.“ (Psalm 36,7) Sie sind zwar verschieden, aber schließlich alle geliebte Geschöpfe Gottes. Deshalb sollten wir Menschen auch gut und respektvoll mit Tieren umgehen. Egal ob Haustier, Nutztier oder Wildtier. Im September haben wir auf „Haus Düsse“ in Westfalen mit einem Gottesdienst und Führungen und Diskussionen die bundesweit gefeierte so genannte Schöpfungszeit der Kirchen eröffnet. Die gibt es schon seit 15 Jahren. In dem Forschungszentrum „Haus Düsse“ wird untersucht: Bei welcher Art von Haltung geht es Tieren am besten. Mit diesem Wissen können Ställe der Zukunft entwickelt werden. Haben Sie schon mal von einem Wasserbett für Kühe gehört? Die so ausgestatteten Plätze im Stall sind meist zuerst belegt und heiß begehrt. Und es ist schön zu sehen, wie sich Schweine ihren Stall selbst einrichten, vom Essplatz bis zur Toilette, auch wenn die Menschen dafür jeweils andere Ecken vorgesehen hatten. Wir haben auf „Haus Düsse“ heiß diskutiert, was es heißt, verantwortungsvoll mit Tieren umzugehen. Für die einen bedeutet das: Kein Fleisch essen und die intensive Tierhaltung beenden. Anderen reicht es, bei der Tierhaltung auf das Tierwohl zu achten und auch nur Fleisch aus solcher Haltung zu kaufen. Und: Weniger Fleisch zu essen. Oder ein geschlachtetes Tier vollständig zu verwerten und kein Fleisch wegzuwerfen. In einem Sündenbekenntnis haben wir dann bekannt, wie gedankenlos, egoistisch und ausbeuterisch wir oft mit Tieren, Pflanzen und den Ressourcen der Erde überhaupt umgehen. Statt respektvoll und fürsorglich zu ihnen zu sein. Übrigens habe ich an diesem erlebnisreichen Tag auch gelernt: Zu fasten, also vegan zu leben, ohne Fleisch oder andere tierische Produkte, hat nach dem Verständnis der orthodoxen Kirche nichts mit Verboten und Verzicht zu tun. Es bedeutet, paradiesisch zu leben. So wie es im Schöpfungsbericht der Bibel vom Anfang der Welt erzählt wird: Da haben alle, Menschen und Tiere, im Paradiesgarten zusammengelebt und sich gegenseitig leben lassen.
Das war eben vor dem Sündenfall und bevor die Menschen aus dem Paradies vertrieben wurden. Paradiesisch ist das auch, finde ich, weil die veganen Fastenspeisen so richtig lecker und dazu auch noch gesund sind.
Mich hat der diesjährige Schöpfungstag ins Nachdenken gebracht über meine Haltung zu den Tieren und über meine Essgewohnheiten. Vielleicht auch eine Anregung für Sie.
Ihre Barbara Schwahn aus Meerbusch.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
