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Hörmal | 28.09.2025 | 07:45 Uhr
Die halbe Botschaft
Ist der Trost nicht nur die halbe Botschaft? Gott liebt Dich. Du darfst so sein, wie Du bist. Gott sagt ja zu Dir. Hab Mut, Du bist nie allein. Das ist die Grundmelodie in Vielem, was ich von Christinnen und Christen höre. Sie sagen etwas, was ganz typisch für Jesus gewesen ist. Er ist zu ausgegrenzten Menschen gegangen. Kranken. Aus anderen Ländern. Menschen, die ihre Macht missbraucht haben. Oder gegen die guten Sitten verstoßen haben. Auch Du bist ein Kind Gottes, hat Jesus gesagt. Ich will mit Dir Gemeinschaft haben.
Bei Jesus ist das immer die Grundlage. Der erste Schritt. Aber es folgt dann auch immer ein zweiter. Zu der Frau, die ihre Ehe gebrochen hat, sagt er: Ich verurteile Dich nicht. Geh und sündige ab jetzt nicht mehr. Den Mann, den er nach 38 Jahren Krankheit geheilt hat, fordert er auf: Tue nichts Unrechtes in deinem neuen Leben. Und der Biograf Markus fasst die Botschaft von Jesus zusammen: Gottes Reich ist nah. Ändert Euer Leben und glaubt dieser guten Nachricht.
Ich glaube, dass diese Welt kein Zufall ist. Sie ist von einer Macht ins Dasein gerufen worden, die wir Christen den Schöpfer nennen. Und ich glaube, dass in dieser schöpferischen Macht eine Weisheit gründet. Eine Weisheit, wie das Leben in dieser Welt gelingen kann. Alle Menschen sind aufgerufen, diese Weisheit immer besser zu erkennen. Und verantwortlich zu leben.
Von diesem zweiten Schritt ist in der Kirche seltener die Rede. Jedenfalls habe ich den Eindruck. Warum ist das so? Ist das alte, schlechte Image schuld? Bloß nicht moralistisch wirken? Verknöchert. Der Spielverderber sein.
Oder steckt dahinter eine Angst? Viele wenden sich von der Kirche ab. Treten aus. Hören nicht mehr hin. Sagen wir deshalb möglichst nichts mehr, was schlecht ankommen könnte? Oder was nach dem Programm einer bestimmten Partei klingt?
Ich selbst möchte zu einer offenen Kirche gehören, die sich der aufgeklärten, freiheitlichen Welt zuwendet. Was Umkehr und Veränderung genau bedeutet, ändert sich mit der Zeit. Aber der Aufruf, das eigene Leben verantwortlich zu führen, bleibt aktuell. Muss das heute nicht deutlicher gesagt werden? Nicht von oben herab. Sondern offen für andere Meinungen. Und mit der Überzeugung: Gott braucht den liebevollen Einsatz jedes Menschen für diese Welt.
Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius