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Sonntagskirche | 07.12.2025 | 08:55 Uhr
Weihnachtsgeschichten
Guten Morgen!
Ich liebe Weihnachtsgeschichten: heitere und besinnliche, provozierende und nachdenkliche. Regelmäßig - um den ersten Advent herum - suche ich nach neuen Geschichten.
Letztens habe ich eine ganz besondere Geschichte entdeckt. Sie handelt vom Kerzenlicht: In einer Familie gibt es die Tradition, jedes Jahr an Weihnachten drei Kerzen anzuzünden: eine rote, eine grüne und eine weiße. Einen Tag vor Heiligabend stellt die Dame des Hauses erschreckt fest, dass sie diese drei Kerzen noch schnell besorgen muss. Im Baumarkt trifft sie dabei auf eine andere Frau, die vor kurzem ihren Mann verloren hat und die sich über die „italienische Farbauswahl“ – rot, grün und weiß - der Weihnachtskerzen wundert. Daraufhin erklärt ihr die Kerzenkäuferin: „Die rote Kerze steht für das aktuelle Weihnachtsfest. Wir sind dankbar, dass wir gesund sind und zusammen feiern können. Die grüne Kerze steht für die kommenden Weihnachtsfeste. Mit ihr wünschen wir uns, dass wir noch viele gemeinsame und fröhliche Stunden miteinander verbringen dürfen. Und die weiße Kerze steht für alle unsere Lieben, die leider nicht mehr mit uns feiern können, aber durch das Licht der Kerze beim jetzigen Fest mit uns verbunden sind.“
Eine ergreifende Geschichte. Weihnachtsgeschichten wie diese haben in der Adventszeit ihren festen Platz bei uns, ob vorgelesen oder als Film betrachtet.
In vielen dieser Geschichten geht es ums Warten. Oft geht es dabei um diesen einen Moment, auf den die ganze Advents- und Weihnachtszeit zuläuft: um diesen Augenblick am Heiligen Abend, wo endlich die „Einkaufsschlacht“ geschlagen ist, alle Vorbereitungen abgeschlossen sind und das Fest beginnen kann. Das ist der Moment, in dem Kinderaugen strahlen und Männer manchmal feuchte Augen bekommen. Auf diesen Tag - auf den 24. Dezember - auf die Geburt des Jesuskindes läuft alles zu.
Die Zeit bis dahin kann man sich versüßen, doch man kann sie nicht abkürzen. Jeder Adventskalender erinnert mich mit jedem Türchen aufs Neue an die noch vor mir liegenden Tage bis zum Heiligen Abend.
Die Zeit des Wartens kann ich entweder genießen oder mit dem alljährlichen Einkaufsstress über Gebühr belasten. Jede Kerze am Adventskranz erinnert mich daran: Diese Zeit ist jetzt eine Zeit zum Nachdenken über Sinn und Ziel des Lebens, über einen Halt, den ich brauche in einer Welt, die so haltlos geworden ist und wo anscheinend nichts mehr heilig ist.
Ich brauche diesen kommenden Heiligen Abend, vielleicht noch nötiger als sonst. Nicht das Drumherum, so schön es auch immer sein mag, sondern die Botschaft dieses Festes: Gott ist in einem Kind uns nahegekommen, arm und in friedloser Zeit, damit wir – wie in den zu Herzen gehenden Weihnachtsgeschichten – einander wahrnehmen und Hoffnung weitergeben.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
