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Kirche in 1Live | 27.05.2024 | floatend Uhr
Augen runter
Ich kann das verstehen, dass Leute irgendwie religiöse Gefühle bekommen, wenn sie in den Himmel gucken. Man schaut in die Wolkenberge und fragt sich, wer dahinter wohnt. Man zieht den Kopf ein, wenn es donnert und blitzt, und fühlt sich ganz klein und denkt: Da oben muss es jemanden geben, der größer ist als ich. Und in jeder Buchhandlung erzählen mir ganze Regale, dass die Antwort auf alle meine Fragen in den Sternen steht.
Ich kann das verstehen, aber wenn ich so auf mein Leben zurückblicke, dann habe ich nie Antworten vom Himmel bekommen. Das Glück lag für mich immer auf der Straße, und die wichtigsten Ratgeber in meinem Leben sind mir auf Augenhöhe begegnet. Und in den Momenten, wo ich etwas ganz nah bei mir gefühlt habe, dass ich Gott nennen würde, waren solche, wo ich ganz klare Bodenhaftung hatte.
Ich denke so: Glauben hat gar nicht so viel damit zu tun, was sich über unseren Köpfen abspielt. Meiner zumindest nicht. Da geht es mehr um die Erde als um den Himmel.
„Was steht ihr da und guckt in die Wolken?“, heißt es an einer Stelle in der Bibel, und das könnte sogar einer meiner Lieblingssprüche werden. Ich verstehe ihn so:
Wenn du Gott finden willst, dann such hier unten, nicht da oben. Und wenn ich mir diesen Satz wie eine Brille vorstelle, dann sieht die Welt dadurch ganz anders aus. Dann könnte jeder Mensch, dem ich begegne, mir etwas über das Leben erzählen. Dann ist das Gras, das zwischen den Pflastersteinen wächst, kein lästiges Unkraut mehr, sondern eine Erinnerung: Das Leben siegt.
Sprecherin: Lisa Kielbassa
Redaktion: Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel
