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Kirche in WDR 4 | 04.12.2025 | 08:55 Uhr
Life is a Highway
Trauriger Anlass, von dem ich Ihnen heute erzählen möchte. Aber doch eine schöne Geschichte. Die passt in den Advent. Der Anlass (schon einige Jahre her): Die Beerdigung von Olli. Ein Freund aus Schulzeiten. Wir hatten nicht mehr viel Kontakt. Aber ab und an waren wir uns doch immer wieder mal begegnet. Und obwohl wir uns beide selbstverständlich verändert hatten, waren einige Dinge doch immer noch so wie früher. Das galt vor allem für Ollis Lebensfreude und seinen Lebensmut. Olli ist immer mit einem Lachen auf das zugegangen, was das Leben für ihn so bereitgehalten hat. Und wenn er beruflich mal zurückgeworfen wurde, wenn etwas mal nicht so klappte, wenn er in die Knie gezwungen wurde, dann stand er eben wieder auf. Weitermachen oder: was Neues anfangen. Für seine Beerdigung hatte er sich entsprechende Lieder ausgesucht. „Was für eine geile Zeit“ von Ben Zucker war dabei. Und „Ain’t no grave“ von Johnny Cash. Mit dem einen wollte er das Leben hier gefeiert wissen. Und mit dem anderen deutlich machen, dass ihn auch der Tod nicht kleinkriegt. Fand ich beeindruckend. Noch beeindruckender war allerdings das Totenbildchen, für das er sich entschieden hatte. Ein Foto von einem Highway in den USA. Wahrscheinlich irgendwo in Arizona oder Nevada. Jedenfalls war dieser Highway endlos, verlor sich irgendwo am Horizont. Und links und rechts davon war nichts. Kein Gebirge. Keine Wälder. Keine Grenzen. Nur Weite. Mich hat das berührt. Zum einen, weil genau das Ollis innere Haltung war. Für den gab es auch keine Limits. Olli hat immer nur Möglichkeiten gesehen. Nie Grenzen. Für Olli war das Leben wie dieser Highway. Offen, Frei. Endlos. Mich hat das damals aber auch berührt, weil das so ein wunderbares Bild ist für das, was mir jedes Jahr im Advent gesagt sein möchte: Dass ich meine Wege heute als krumm und steinig und beschwerlich erfahren mag – aber dass da ein breiter, gerader Highway auf mich wartet. Dass ich mich manchmal wie in einem Tunnel fühle – ohne Chance, nach links oder nach rechts auszuweichen. Aber dass da eine Weite für mich sein wird, die mir heute noch unvorstellbar erscheint.
Wenn ich meinen Glauben in ein Bild übersetzen müsste – das, was Christ-Sein für mich bedeutet: Dann entscheide ich mich für Ollis Totenbildchen. Weil ich fest davon überzeugt bin, dass das wahr wird, auf was ich mich im Advent vorbereite: Dass jede Schlucht meiner Tage gefüllt wird und dass jeder steile Berg meines Lebens sich senken wird. Ich glaube fest daran, dass da später ebene Wege sein werden. Weite. Offenheit. Und Freiheit.
Ob Olli da mitgegangen wäre? Bei dem, was ich grad von meinem Glauben gesagt hab? Nun, Olli hatte mit Kirche und Glaube nie besonders viel am Hut. Aber er hat mich und alle seine vielen Freunden und Schulkameraden trotzdem oder vielleicht gerade deshalb bei seiner Beerdigung wissen lassen, wovon er überzeugt war, dass es ihn erwartet. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen guten Start in den Tag – und dass auch sie hoffen und glauben können an das, was uns erwartet und auf was uns der Advent vorbereiten möchte. Dass da kein dunkler, enger Tunnel sein wird. Sondern ein wunderbarer Highway. Nicht Finsternis. Sondern Freiheit.
