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Kirche in WDR 2 | 09.08.2025 | 05:55 Uhr
Nichts erschrecke dich
Ich muss zum nächsten Gottesdienst. Ich schnappe meinen Sachen und schon geht es los im Talar mit dem Auto den Berg runter zur nächsten Kirche. Angekommen denke ich: „Zeit reicht noch.“ Und besuche die Damentoilette. Kaum bin ich in der Kabine piept es. Regelmäßig. Hektisch gucke ich mich um, suche die BOMBE. Denn was soll es anderes sein?
Ich finde keine und erinnere mich, warum ich bin, wo ich bin und als ich den Gürtel öffne fühle ich es. Ich habe keine tickende Bombe an mir, sondern nur ein piependes Ansteckmikro ohne Empfang.
Ich lache. Erleichtert.
Wie komme ich auf die absurde Idee, dass in der Damentoilette unseres Gemeindehauses eine Bombe tickt? Ich fürchte, die Weltlage hat sich langsam, aber beständig in mein Inneres vorgearbeitet. Ich konsumiere die Nachrichten bewusst nicht übermäßig, und doch, es ist so. Das, was undenkbar erscheint, passiert. In meinem durch Highschool- und Studienjahr geliebten Amerika. In Gaza, in Israel, in der Ukraine, in Deutschland. Und ich habe nicht genügend Ausgleich dazu. Im Gegenteil, auch in der Kirche herrscht Krise und Druck, manchen manche ich mir selber, weiß ich. Und so werde ich mal wieder erinnert. Ich muss raus aus dem Panikmodus, der überall nur Gefahr sieht. Ich will nichts verharmlosen, aber auch nicht bei jedem Piep an Untergang denken. An der Weltlage und den Krisen der Kirche kann ich nichts oder nicht viel ändern. Meine Aufgabe ist es, besonnen zu bleiben.
Ich zwinge mich, morgens noch vor dem Kaffee zu singen. Und das tut gut. Das wusste auch schon Theresa von Avila vor 400 Jahren: „Nichts störe dich, nichts erschrecke dich, wer Gott hat, dem fehlt nichts.“ Ich singe mit der Melodie aus Taize und dann geht es los in mein Leben, in dem mir auch sonst nicht viel fehlt. Noch trägt unsere wehrhafte Demokratie, unser Sozialstaat mit Grundgesetz, und er wird noch nicht militärisch angegriffen. Ich gehe raus in die Welt, und lass mich nicht stören oder erschrecken von einem harmlosen Piepen.
Redaktion: Rundfunkpastorin Sabine Steinwender-Schnitzius
