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Kirche in WDR 3 | 01.10.2025 | 07:50 Uhr

Bildstörung

Guten Morgen.

Die Stadt, die sich so viel einbildet auf ihre Modernität, steht Kopf. Im Blätterwald rauscht es nicht, es stürmt – auch in sonst liberalen Zeitungen. Schon vor Eröffnung der Ausstellung, wird das Skandalbild in einen Nebensaal verfrachtet. Aber es hilft alles nichts. Die Empörung schwappt bis in den Landtag.

Was geschehen ist? Zur Internationalen Kunstausstellung in München 1879 hat der Maler Max Liebermann ein Bild gemalt. Der zwölfjährige Jesus im Tempel heißt es. Das ist eine viel gemalte Bibelgeschichte. Jesus besucht mit seinen Eltern eins der großen Wallfahrtsfeste in Jerusalem. Auf dem Rückweg merken die: Ihr Sohn hat sich abgesetzt. Sie kehren um und finden Jesus im Tempel, wo er mit den Lehrern Israels über die Tora redet. So weit so unspektakulär, etwas nerdig vielleicht. Wie gesagt, die Kunstgeschichte ist voll von Bildern dieser Bibel-Szene. Skandalös ist, wie Liebermann Jesus gemalt hat. Ohne Heiligenschein, weißes Gewand oder mystisches Licht, barfuß, mit knielangem Leibchen und mit Pejes, den Schläfenlocken der orthodoxen Juden. Auch die mit ihm reden, sind unverkennbar jüdisch. Mehr noch, wie die orthodoxen Juden sehen sie aus. Wegen übler Pogrome waren viele ins angeblich liberale Westeuropa geflohen – und galten da als Integrationsverweigerer. In diese gute Gesellschaft malt Liebermann seinen Jesus. Ein Skandal in Augen des ach so feinen Münchner Publikums: Eine Zeitung geifert: Liebermann zeigt – Zitat - die „schmierigsten Schacherjuden“ und den „hässlichsten naseweisesten Judenjungen“.

In der Bibel lese ich, dass Jesu Eltern ihn fragen: Warum bist du im Tempel geblieben? Die Antwort von Jesus lautet: „Muss ich denn nicht bei denen sein, die zu meinem Vater gehören?“ (1) - bei den jüdischen Lehrern also.

Der Maler Max Liebermann gibt irgendwann auf. Er verlängert das Leibchen, zieht Jesus Sandalen an, übermalt die Schläfenlocken und blondiert ihm die Haare – ‚holder Knabe im lockigen Haar‘ eben. Die Leute geben Ruhe, doch Liebermann wird Jahrzehnte kein religiöses Bild mehr malen.

Gott ist Mensch geworden in Jesus aus Nazareth. Das gehört zu den schönsten und tiefsten Überzeugungen des christlichen Glaubens. ‚Gott wird einer von uns‘ – so ähnlich klingt’s in vielen Predigten – auch meinen eignen.

Am Skandalbild von Max Liebermann lerne ich aber noch etwas: Der menschgewordene Gott bestätigt, klont und adelt nicht einfach meinesgleichen, meine Lebensart und Überzeugungen, auch nicht meinen Glauben. Der Gott, der Mensch wird, wird einer von den andern. Der menschgewordene Gott verstört mich dadurch, wie er aussieht, sich anzieht und wo er herkommt, er trägt religiöse Symbole am Kopf, die nicht meine eigenen sind – und nicht zuletzt: Der Gott, der Mensch geworden ist, hält seiner ersten und ewigen Liebe die Treue: dem jüdischen Volk, das heute Abend in aller Welt, seinen höchsten Feiertag beginnt, die Feier des Jom Kippur, des großen Versöhnungstages. Und ich glaube fest daran – Jesus aus Nazareth feiert mit.


(Ende WDR 4, Verabschiedung für WDR 3 und 5: )

Einen versöhnlichen Tag wünscht Ihnen

Ihr Jan-Dirk Döhling aus Schwerte.



Quellen:

(1) Lukasevangelium 2,49 Bibel in Gerechter Sprache, sowie

Claudia Janssen, Drinnen oder Draußen. Der Zwölfjährige Jesus im Tempel in Kunst und Bibelübersetzungen, in: Bibel heute 242 (2/2025), 26-28.



Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

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