Wüsteneinsicht

Es gibt so Sachen im Leben, die sind echt einmalig. Das kann man nicht wiederholen. Ich hab grad so was erlebt – ich hab ne krasse Reise gemacht. Ich war in der Wüste. In Jordanien. Zwei Wochen lang, nur draußen, ohne Zelt, ohne Uhr, ohne Handy, ohne Kompass. Einfach so. Wir waren ne kleine Gruppe und ein Beduine hat uns den Weg geführt. Für mich war das volles Vertrauen und auch mal eigene Sicherheiten abgeben.

Zwölf Nächte im Schlafsack unterm Sternenhimmel, jeden Abend Lagerfeuer, tagsüber Kamele und Wüstenhunde und wandern, wandern, wandern. Wir sind morgens mit Sonnenaufgang los und abends zum Sonnenuntergang am nächsten Lager gewesen. Das war unglaublich krass und wunderwunderschön. Für mich war das Ganze wie ein Gebet auf zwei Beinen. Denn gerade in der Wüste hatte ich Kontakt zu dem da oben, wie ich ihn im Alltag nur selten spüre.

Als ich wieder zurück kam, hab ich mich völlig frei gefühlt und so weit irgendwie. Wir konnten ohne Uhr leben und es war irgendwie egal, wie spät es war. Am meisten beeindruckt war ich aber davon, wie wenig Sachen ich gebraucht habe. Zwei T-Shirts, zwei Hosen, Sonnencreme, n paar Unterbuchsen, Socken, Wanderschuhe, das war’s. Wir hatten nen Tagesrucksack, da war Wasser und was zu essen drin und alles, was wir tagsüber brauchen und nen großen Rucksack mit Luftmatratze und Schlafsack und so. Wirklich sehr wenig, denn was zu viel war, hat auch schnell genervt.

In der Wüste hab ich gelernt: Weniger ist mehr. Das klingt so abgedroschen. Aber da ist was dran. Mein Alltags-Gepäck: da schleppe ich wirklich oft Dinge mit, die ich nicht brauche. Auf welche könnte ich verzichten? Und was würde ich vermissen?

Rike Bartmann, Münster