Geburtstage

Heute hat mein Freund Geburtstag. Er wird 30. Für ihn ist das eine ganz schreckliche Zahl, diese 30. Schon seit einem knappen Jahr fürchtet er sich vor dem Abschluss seines dritten Jahrzehnts. Am liebsten will er den Geburtstag vergessen. Da hat er aber die Rechnung ohne seine Freundin gemacht. Gut, ich habe keine Big-Party organisiert, aber an einem gemütlichen Essen kommt er nicht vorbei.

Am Geburtstag sitzen wir dann im Restaurant. Bei Kerzenschein. Stimmung: Geht so! Da platzt ihm auf einmal der Kragen: Jetzt sei er 30! Richtig echt erwachsen! Normalerweise sollte man doch Bock haben auf eine Familie. Viele seiner Kollegen haben auch schon ein eigenes Haus mit Garten und zeigen ständig Babybilder herum. Jetzt beginnt die Zeit der durchgeplanten Zukunft. Aber da steht er so gar nicht drauf. Er liebt mich, aber auch seine Freiheit, spontane Trips ins Ausland oder durchfeierte Wochenenden. Und jetzt?

Wir schweigen beide. Ich denke: An sich ist die 30 ja nur eine Zahl, auf die ICH persönlich nicht viel Wert lege. Denn eine Zahl definiert nicht, wie ich mich fühle oder wer ich bin. Aber wenn er sich so fühlt, möchte ich das ernst nehmen. Deshalb sage ich gar nichts, sondern krame sein Geburtstagsgeschenk aus meiner Tasche und reiche es ihm wortlos. Er nuschelt ein „Danke“, reißt das Geschenkpapier auf, hält zwei Flugtickets nach Rom in der Hand und zeigt mir sein breitestes Grinsen. „Morgen geht’s los“, sage ich. „So viel zum Thema durchgeplante Zukunft mit 30.“ …

Sprecherin: Alexa Christ