Drum prüfe, wer sich ewig bindet

Anna hat ihren Beziehungsstatus geändert auf „verlobt“, schreit Facebook mir entgegen, als ich die App öffne. Ich rolle mit den Augen. Natürlich freue ich mich sehr für Anna. Aber „dieses ganze Geheirate“ in meinem Freundeskreis seit dem letzten Jahr macht mich auch ein bisschen nachdenklich: Wir sind alle im gleichen Alter, aber die meisten meiner Freundinnen führen jetzt ein ganz anderes Leben als ich. Sie planen Kinder und Häuser mit ihren Ehemännern, während ich noch nicht mal weiß, ob ich mit meinem Freund in einem Jahr noch zusammen sein werde.

Eigentlich macht mich aber ein anderer Gedanke nervös: Ich bin zwar im gleichen Alter, aber ich kann mir für mich dieses Lebenskonzept noch überhaupt nicht vorstellen! Ich warte nicht auf einen Heiratsantrag, will kein Haus kaufen und find‘s sogar ganz nett, mal allein zu schlafen. Ich teile meine Gedanken mit meiner Mutter und schaue sie fragend an: „Stimmt da irgendwas nicht bei mir?“ Sie lächelt mich beruhigend an: „Nein, keine Sorge, du bist einfach noch nicht bereit dafür, das ist ja auch gar nicht schlimm. Das kommt schon noch – und wenn nicht, wäre das auch okay. Es heißt nicht umsonst bei Schiller ‚Drum prüfe, wer sich ewig bindet‘.

Du musst dein Leben erst ein bisschen leben, um herauszufinden, ob du es für immer mit einem bestimmten Menschen teilen willst. Bei manchen geht das eben schneller als bei anderen." Ich nicke, das klingt logisch. Ich atme einmal durch und reihe mich auf Annas Pinnwand in die lange Glückwunsch-Liste ein und anschließend verabrede ich mich mit Kira zum Tanzen.